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DOI: 10.1055/s-0031-1274438
Die EU-Trinkwasser-Richtlinie: Zielsetzung und Weiterentwicklung
Die Europäische Union hat sich erstmals mit der Trinkwasserrichtlinie 1980[1] ein Regelwerk zur Trinkwasserqualität gegeben. Aufbauend auf gewonnenen Erfahrungen und der geänderten Wissensstand wurde die Richtlinie wo erforderlich überarbeitet; 1998 wurde sie in ihrer heute gültigen Form[2] vom Europäischen Parlament und vom Rat verabschiedet, mit folgenden Kernpunkten:
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Geltungsbereich: alle Wasserversorgungen für mehr als 50 Bürger oder mit mehr als 10m3 pro Tag Lieferung (unabhängig ob über Verteilungsnetze, Tanker oder Container), für Trinkwasser in Flaschen sowie für Wasser in der Lebensmittelbranche;
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Bindende Qualitätsstandards (mikrobiologische und chemische Parameter), welche EU-weit gelten; zusätzlich haben die Mitgliedstaaten die Pflicht, zusätzliche Parameterwerte festzulegen, wenn der Schutz der Gesundheit dies im Mitgliedstaat oder in einem Teil davon erfordert;
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Regelmäßige Überprüfung der Qualität des Trinkwassers;
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Information der Bürger über die Qualität ihres Trinkwassers.
Parallel zur Neufassung der Trinkwasserrichtlinie hat die Europäische Union ihre Wasser- und Gewässerschutzpolitik durch die Wasserrahmenrichtlinie[3] neu ausgerichtet, die 2000 vom Europäischen Parlament und vom Rat verabschiedet wurde. Sie schützt alle Gewässer (Flüsse, Seen, Grundwasser, Küstengewässer) mit der Pflicht, ‘guten Zustand' in der Regel bis 2015 sicherzustellen. Zusätzlicher Schutz und zusätzliche Maßnahmen sind für jene Oberflächen- und Grundwässer sicherzustellen, die für die Trinkwasserentnahme verwendet oder für eine solche Entnahme vorgesehen sind[4].
Damit sind Trinkwasserschutz und Trinkwasserqualität eingebunden in einen ganzheitlichen Handlungsrahmen; die Wasserrahmenrichtlinie wird künftig zu besserem Zugang zu Quellen der Trinkwasserversorgung beitragen. Herausforderungen der Zukunft werden, mit deutlichen regionalen Unterschieden, zunehmend die Verfügbarkeit von Trinkwasser betreffen – sowohl bei Übernutzung von Gewässern z.B. durch Entnahmen für landwirtschaftliche Beregnung, künftig zusätzlich noch durch die Auswirkungen des Klimawandels.
Eine Bewertung der Trinkwasserrichtlinie während der vergangenen drei Jahre, in breiter Konsultation mit Experten der Mitgliedstaaten, der Weltgesundheitsorganisation, mit Wasserversorgern und Nichtregierungsorganisationen, hat die Kommission zu folgenden Schlussfolgerungen geführt:
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Die bestehenden Qualitätsstandards spiegeln auch vom heutigen Standpunkt den Stand der Wissenschaft und Technik und das Vorsorgeprinzip wider; dies wird insbesondere durch die jüngste Auflage der WHO Trinkwasserrichtlinien[5] unterstrichen;
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Die Einhaltung der Qualitätsstandards ist für größere Wasserversorgungen (Versorgung von mehr als 5000 Bürgern) sehr hoch. Dementsprechend war auch in der Vergangenheit die Zahl von Urteilen des Europäischen Gerichtshofes vergleichsweise gering[6]. Dagegen zeigen kleinere Wasserversorgungen (Versorgung von 50 bis 5000 Bürgern) in vielen Fällen eine deutlich niedrigere Einhaltungsrate; nach neueren EU-weiten statistischen Daten betrifft dies bis zu 1/3 der kleineren Wasserversorgungen; daraus ergibt sich die Notwendigkeit vermehrter Umsetzungs- und Durchsetzungsmaßnahmen für diese kleineren Versorgungen;
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Diese Maßnahmen sollen sowohl Kooperations- und Unterstützungsmaßnahmen wie auch verstärkte rechtliche Durchsetzung beinhalten.
Literatur:
[1] Richtlinie 80/778/EWG, ABl. L229 vom 30.8.1980
[2] Richtlinie 98/83/EG, ABl. L330 vom 5.12.1998
[3] Richtlinie 2000/60/EG, ABl. L327 vom 22.12.2000
[4] ‘Guter Zustand' ist für Oberflächengewässer durch biologische, chemische und hydromorphologische Parameter definiert, und für Grundwasser durch chemische und quantitative Parameter (guter quantitativer Zustand=Gleichgewicht zwischen Entnahmen und natürlicher Wiederanreicherung): Artikel 4 und Anhang V; Schutz von Gewässern für die Trinkwasserentnahme: Artikel 7.
[5] World Health Organisation, Genf (2008) http://www.who.int/water_sanitation_health/dwq/fulltext.pdf
[6] Urteile gegen Irland vom 14.11.2002, gegen Belgien, Spanien und das Vereinigte Königreich vom 16.1.2003, und gegen Frankreich vom 31.1.2008; Volltexte verfügbar auf http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl? lang=de