Gesundheitswesen 2011; 73 - V11
DOI: 10.1055/s-0031-1274409

Alt und fremd? – Zur gesundheitlichen Situation von MigrantInnen in Niedersachsen

C Zühlke 1, J Jeitner 1
  • 1Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Hannover

Für Menschen mit Migrantionshintergrund tun sich neben den bekannten Herausforderungen des Alterns vielfach zusätzliche und/oder andere Belastungen auf. So bestehen beispielsweise bei den nun ins Seniorenalter kommenden Menschen aus der Gruppe der Arbeitsmigrantinnen und -migranten auch nach langer Aufenthaltsdauer in Deutschland gelegentlich noch kulturelle und sprachliche Barrieren. Darüber hinaus können migrationsspezifische Erfahrungen wie der gefühlte Verlust von Heimat oder auch Gefühle der inneren Zerrissenheit („Rückkehr oder Bleiben„) im Alter zu besonderen Belastungen und Bedarfslagen führen.

Repräsentative Daten zum objektiven Gesundheitszustand älterer Menschen mit Migrationshintergrund liegen für Niedersachsen nicht vor, da migrationsspezifische Aspekte in der Gesundheitsberichterstattung bisher weder bundes- noch landesweit regelmäßig erhoben werden. Somit kann keine allgemein gültige Aussage, inwieweit ältere Migrantinnen und Migranten weniger gesund oder weniger krank sind, getroffen werden. Dennoch gibt es in verschiedenen Studien Hinweise auf einen schlechteren gesundheitlichen Allgemeinzustand und eine früher einsetzende Pflegebedürftigkeit. Es kann angenommen werden, dass die Ursachen hierfür in der wechselseitigen Beziehung von Gesundheit mit Bildung und sozialer Lage liegen.

Das Verständnis von Gesundheit und Krankheit ist stark kulturell geprägt und eine naturwissenschaftliche Perspektive kann mit Krankheits- bzw. Gesundheitskonzepten kollidieren, die auf einer ganzheitlicheren Vorstellung basieren und/oder mit religiösen Ansätzen verknüpft sind. Ebenso unterscheiden sich Empfindung und Äußerung von Schmerzen und Symptomen. Zudem beurteilen Menschen mit Migrationshintergrund ihren Gesundheitszustand schlechter und nutzen präventive Angebote weniger als gleichaltrige Menschen ohne Migrationshintergrund – dies trifft in besonderem Maße auf ältere Migrantinnen zu.

Wünschenswert wäre es, migrationsspezifische Aspekte in die regelmäßige Gesundheitsberichterstattung aufzunehmen, damit die besonderen Bedürfnisse der Menschen mit Migrationshintergrund ermittelt und zukünftig stärker berücksichtigt werden können.