Klin Padiatr 2011; 223 - V06
DOI: 10.1055/s-0031-1273786

Komplement-Blockade durch Eculizumab: neue Therapieoption auch bei Shigatoxin-assoziiertem hämolytisch-urämischem Syndrom

M Malina 1, M Kirschfink 2, T Boppel 3, V Fremeaux-Bacchi 4, F Schaefer 1
  • 1Klinik Kinderheilkunde I, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Heidelberg
  • 2Institut für Immunologie., Heidelberg
  • 3Neurologische Klinik, Abteilung für Neuroradiologie, Heidelberg
  • 4Hopital Europeen Georges-Pompidou, Service d’Immunologie Biologique, Paris, Frankreich

Der monoklonale C5-Antikörper Eculizumab ist eine hocheffektive neue Behandlungsoption beim atypischen, durch Mutationen in komplement-regulierenden Proteinen verursachten HUS. Jüngste Untersuchungen deuten darauf hin, dass auch beim klassischen induzierten HUS eine–durch Shigatoxin–2 vermittelte–Komplementaktivierung auftritt. Wir berichten über ein 3-jähriges Mädchen mit STX2-assoziiertem HUS. Aufgrund eines Komplementverbrauchs (C3↓,C3d↑) wurden zusätzlich zur Hämodialyse tägliche Plasmapheresen durchgeführt. Nach 3 Tagen trat zunächst eine kurzdauernde Bewusstseinsstörung und motorische Dyskoordination auf. Ein cerebrales MRT zeigte keine Auffälligkeiten. Drei Tage später entwickelte das Kind akut eine linksseitige Hemiplegie und zunehmende Somnolenz. Im MRT zeigten sich jetzt mit einer Hypoperfusion vereinbare Läsionen der Stammganglien und fast des gesamten rechten Hemikortex. Aufgrund des fulminanten neurologischen Verlaufs bei nachgewiesener Komplement-Aktivierung entschlossen wir uns zur Gabe von Eculizumab, das zweimal innerhalb von 7 Tagen infundiert wurde. Bereits wenige Stunden nach der ersten Infusion erwachte die Patientin aus dem Koma und begann die rechte Körperseite zu bewegen. Auch die Urinproduktion kam innerhalb von 24 Stunden in Gang. Thrombozytopenie und Hämolyse sistierten innerhalb weniger Tage. Ein Verlaufs-MRT 7 Tage später zeigte eine deutliche Regression der zerebralen Läsionen. Die Patientin verließ die Klinik 9 Tage nach der ersten Eculizumab-Gabe mit neurologischer restitutio ad integrum und normaler GFR bei milder Restproteinurie. Eine Mutationsanalyse der Komplement-regulierenden Genen (CFH, CFI, MCP) erbrachte keine Auffälligkeiten. Unser Fall dokumentiert eindrucksvoll die klinische Relevanz der Komplement-Hyperaktivierung bei schwer verlaufendem STX-assoziiertem HUS und zeigt eine neue, potenziell kurative Therapieoption bei Fällen mit schweren extrarenalen Komplikationen.