Pneumologie 2011; 65 - A17
DOI: 10.1055/s-0031-1273042

Schlafbezogene Atmungsstörungen bei tiefer Beinvenenthrombose und/oder akuter Lungenembolie: eine prospektive, multizentrische Fall-Kontroll-Studie der AG Kreislauf + Schlaf der DGSM

M Arzt 1, R Obermeier 1, C Schum 1, L Lüthje 2, I Koper 3, C Hecker 4, R Dumitrascu 4, R Schulz 4
  • 1Universitätsklinik Regensburg
  • 2Universitätsklinik Göttingen
  • 3Klinik Oldenburg/Ostholstein
  • 4University of Gießen Lung Center

Einleitung/Fragestellung:

Bei obstruktiver Schlaf-Apnoe (OSA) sind hämostaseologische Veränderungen beschrieben worden, was theoretisch zum gehäuften Auftreten akuter thromboembolischer Ereignisse beitragen könnte. Erste Studien haben bereits über eine erhöhte Prävalenz von schlafbezogenen Atmungsstörungen (SBAS) bei Patienten mit Thromboembolien berichtet, jedoch weisen diese Untersuchungen verschiedene methodische Mängel auf (z.B. retrospektives Design, keine Kontrollgruppe, Erfassung von SBAS nur mithilfe von Fragebögen, keine bzw. ungenügende Berücksichtigung von etablierten Risikofaktoren für Thromboembolien sowie von Komorbiditäten, die bekanntermaßen signifikant mit SBAS assoziiert sind). Im Rahmen der vorliegenden Multizenter-Studie der AG Kreislauf und Schlaf der DGSM sollte deshalb diese Fragestellung noch einmal dezidiert untersucht werden.

Patienten/Methodik:

82 Patienten mit einer mittels Beinvenen-Duplex/Phlebografie bzw. CT-Thorax/Ventilations-Perfusions-Szintigrafie gesicherten Diagnose einer tiefen Beinvenenthrombose (BVT) und/oder akuten Lungenembolie (LE) wurden prospektiv in die Studie eingeschlossen. Neben demographischen Daten wurde das Vorhandensein von etablierten Risikofaktoren für Thromboembolien erfasst (z.B. Immobilisation, operativer Eingriff oder Trauma innerhalb der letzten 3 Monate vor dem thromboembolischen Ereignis, Malignomerkrankung, Nikotinabusus, Einnahme von Ovulationshemmern, familiäre Disposition für thromboembolische Ereignisse). 82 Studienteilnehmer ohne BVT bzw. LE, die bezüglich festgelegter Kategorien von Alter, BMI und Geschlecht mit den Indexpatienten paarweise gematcht waren, dienten als Kontrollgruppe. Die Rekrutierung der Kontrollgruppe erfolgte unabhängig vom Vorhandensein schlafbezogener Symptome und bekannter Risikofaktoren thromboembolischer Ereignisse aus der gleichen Institution, aus der die Fallgruppe rekrutiert wurde („nested case control design„). Zur Erfassung von SBAS wurde bei den Patienten innerhalb von einem Monat nach der Diagnosestellung der BVT bzw. LE eine Polygrafie durchgeführt. Patienten/Studienteilnehmer mit hämodynamischer Instabilität und/oder O2-Pflichtigkeit, Linksherzinsuffizienz sowie bekannten SBAS wurden von der Studie ausgeschlossen.

Ergebnisse:

Die Fallgruppe mit BVT und/oder LE war gegenüber der Kontrollgruppe hinsichtlich Alter, Geschlechtsverteilung und BMI annähernd identisch (57 vs. 57 Jahre, jeweils 49% Frauenanteil und 27,6 vs. 27,5kg/m2). Die Fallgruppe setzte sich aus 21 Pat. mit BVT, 37 Pat. mit LE und 43 Pat. mit BVT und LE zusammen. Der Respiratory Disturbance Index (RDI) war in der Fallgruppe signifikant höher als in der Kontrollgruppe (17,8±17,9 vs. 12,4±15,1/h, p=0,039). Sowohl die Prävalenz für eine mindestens leicht-, und mittelgradige SBAS war in der Fallgruppe signifikant höher als in der Kontrollgruppe (RDI≥5: 76 vs. 57%, p=0,01 und RDI≥15: 40 vs. 26%, p=0,035). In einem multivariaten schrittweisen Regressionsmodell war eine mindestens mittelgradige Schlafapnoe neben der Immobilisation und einer Malignomerkrankung unabhängig mit dem Vorhandensein eine BVT und/oder LE assoziiert (β-Koeffizient (95% Konfidenzintervall) für RDI≥15 2,34 (1,12–4,90), p=0,024; für Immobilisation 11,13 (3,09–40,13), p<0,001 und Malignomerkrankung 5,24 (1,76–15,57), p=0,003. Bekannte Risikofaktoren wie Z.n. Operation oder Trauma und familiäre Prädisposition waren nicht unabhängig mit einer BVT und/oder LE assoziiert.

Zusammenfassung/Diskussion:

In der vorliegenden Fall-Kontrollstudie zeigte sich bei Patienten mit BVT und/oder LE eine signifikant höhere Prävalenz für eine mindestens leicht- und eine mindestens mittelgradige schlafbezogene Atmungsstörung. Neben bekannten Risikofaktoren für thromboembolische Ereignisse wie Immobilisation und Malignomerkrankungen ist eine mittelgradige Schlafapnoe unabhängig mit dem Auftreten von BVTs und LEs assoziiert. Die Daten stützen die Hypothese, dass SBAS zur Entstehung von thromboembolischen Ereignissen beitragen können, auch wenn eine Querschnittsanalyse einen kausalen Zusammenhang nicht nachweisen kann.

gefördert von Respironics, Herrsching