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DOI: 10.1055/s-0031-1272744
Situationsabhängigkeit von Emotionserkennung und Empathiefähigkeit bei Schüchternen
Schüchternheit kann in sozialen Situationen Probleme bereiten. Einige Studien legen nahe, dass das Erkennen der Gefühle anderer Menschen und die Empathiefähigkeit – beides für eine erfolgreiche soziale Interaktion förderliche Leistungen – bei schüchternen Personen häufig beeinträchtigt sind. In unserer Studie wurde untersucht, ob Empathie- und Emotionserkennungsleistungen bei schüchternen und nicht-schüchternen Personen durch experimentelle Manipulation der situativer Faktoren beeinflusst werden. Wir erwarteten, dass die Empathie- und Emotionserkennungsleistungen von Schüchternen (im Vergleich zu nicht-schüchternen Personen) in sozialen Situationen stärker beeinträchtigt sind als in nicht-sozialen Situationen. Darüber hinaus nahmen wir an, dass Schüchternheit insbesondere in emotional negativ konnotierten Situationen die Emotionserkennung und Empathiefähigkeit beeinträchtigt.
Zur Simulation einer sozialen Situation verwendeten wir das Webcam-Paradigma. In der Webcam Bedingung wurde den Probanden als cover story gesagt, sie seien in Echtzeit über eine Kamera mit einer weiteren Versuchsperson verbunden. Einer der Probanden hätte die Aufgabe, Emotionen darzustellen, während der andere die emotionalen Ausdrücke wahrnehmen und identifizieren sowie sein eigenes Gefühl beim Ansehen des anderen angeben solle (Schulte-Rüther etal. 2007). In der Non-Webcam Bedingung wurde den Probanden gesagt, sie sähen Emotionsausdrücke in Filmausschnitten. Die Aufgabe war dann dieselbe wie in der Webcam Bedingung. Als abhängige Variablen wurden die Anzahl der richtigen Antworten (richtig identifizierte Emotionsausdrücke, Kongruenz zwischen dargestelltem und eigenem Gefühl) und die Reaktionszeiten gemessen.
Eine MANOVA zeigte keinen signifikanten Einfluss durch Schüchternheit, jedoch einen signifikanten Effekt durch die Webcam Manipulation (p<0,05). Es wurde kein Interaktionseffekt (Schüchternheit x Webcam) gefunden. Univariate ANOVAs zeigten, dass die Webcam Manipulation die Reaktionszeiten signifikant beeinflusst (p<0,05). Schüchterne zeigten eine Tendenz zu längeren Reaktionsszeiten bei der empathiebezogenen Verarbeitung negativer Gesichtsausdrücke.
Die Ergebnisse belegen, dass die Manipulation des situativen Faktors der vermeintlichen Beobachtung durch eine reale Person einen signifikanten Effekt auf die empathiebezogene soziale Kognition hat. Jedoch unterschieden sich schüchterne Personen hierbei nicht signifikant von nicht-schüchternen Personen.