Klinische Neurophysiologie 2011; 42 - P266
DOI: 10.1055/s-0031-1272713

Langzeitkorrelationen im Gangmuster von Patienten mit zerebellärer Ataxie

M. Wühr 1, R. Schniepp 1, J. Ilmberger 1, K. Jahn 1
  • 1München

Zerebelläre Syndrome sind unter anderem durch eine Gangstörung mit erhöhter Sturzgefahr gekennzeichnet. Die Variabilität, die Fluktuation der Gangparameter von Schritt zu Schritt, korreliert mit der Sturzgefahr. Langzeitkorrelationen (LK) in der Variabilität zeitlicher und räumlicher Gangparameter konnten im Gangmuster gesunder Personen nachgewiesen werden. Patienten mit einer zerebellären Ataxie zeigen pathologisch erhöhte Fluktuationen in ihrem Gangbild. Diese Studie untersuchte die Auswirkungen gestörter zerebellärer Lokomotionsfunktionen auf LK in den Fluktuationen zeitlicher und räumlicher Gangzyklusparameter bei unterschiedlichen Ganggeschwindigkeiten.

Das Gangmuster von 11 Patienten mit einer CA und 11 altersgenormte gesunden Personen wurde auf dem Laufband für fünf unterschiedliche Ganggeschwindigkeiten aufgenommen und die Fluktuationen der Schrittzeit, Schrittlänge und Schrittbreite wurden mithilfe einer Detrended Fluctuation Analysis auf LK hin untersucht.

Gesunde Personen zeigen verminderte LK der Schrittzeit- und Schrittlänge-Fluktuationen für die selbstgewählte Geschwindigkeit (α=0,7±0,1) und erhöhte LK während langsamer und schneller Lokomotion (α=0,8±0,1). Bei Patienten mit CA wurden höchste LK in diesen Parametern für den Bereich selbstgewählter Geschwindigkeit gefunden (α=0,9±0,2), mit verminderten Werten während langsamen und schnellen Gehens (α=0,7±0,2). Das geschwindigkeitsabhängige Muster der LK in den Schrittbreite-Fluktuationen war für die Patienten vergleichbar mit gesunden Personen, mit verminderten LK im Bereich selbstgewählter Geschwindigkeit (α=0,6±0,1) und leicht erhöhten Werten für langsame und schnelle Lokomotion (α=0,6±0,2).

Zerebelläre Störungen gehen mit veränderten LK im Gangmuster einher. Während das gesunde Lokomotionsmuster zu verminderten LK tendiert, zeigen Patienten eine Tendenz zu einem Gangmuster mit erhöhten LK, im Sinne einer erhöhten dynamischen Stabilität. Die veränderte LK kann Pathologie oder Kompensationsmechanismus sein. Es ist unklar, ob ein dynamisch stabiles aber starres Gangmuster das Sturzrisiko bei Patienten mit Gangstörungen beeinflusst. Die Dynamik der LK in den Schrittbreite-Fluktuationen wurde durch die zerebelläre Fehlfunktion nicht beeinflusst, was darauf schließen lässt, dass laterale Gangfluktuationen eine biomechanische Eigenschaft des Lokomotionsapparates widerspiegeln und nicht unter direkter Kontrolle zerebellärer Lokomotionszentren stehen.