Klinische Neurophysiologie 2011; 42 - P240
DOI: 10.1055/s-0031-1272687

– Adaptation an ein Kraftfeld oder an visuomotorische Störungen ist bei Essentiellem Tremor nicht beeinträchtigt

A. Rohrsen 1, O. Donchin 1, D. Timmann 1, K. Rabe 1
  • 1Essen; Be'er Sheva, IL

Einleitung: In den letzten Jahren mehren sich Hinweise, dass das Kleinhirn in die Pathogenese des Essentiellen Tremors (ET) involviert ist. Im Verlauf der Erkrankung sind zerebelläre Funktionsstörungen wie Intentionstremor, Gangstörungen und Augenbewegungsstörungen beschrieben. Es konnte anhand einer Untersuchung der Blinkreflex-Konditionierung gezeigt werden, dass ET-Patienten Defizite im motorischen Lernen aufweisen, einer Fertigkeit, die von einer intakten Kleinhirn-Funktion abhängig ist. Ziel der aktuellen Untersuchung war es zu überprüfen, ob ET-Patienten eine Störung in anderen Bereichen des motorischen Lernens aufweisen.

Methode: Untersucht wurden 23 Patienten (23 bis 84 Jahre; im Durchschnitt 57 Jahre) mit ET und 25 alters- und geschlechtsgematchte gesunde Kontrollen (23 bis 79 Jahre; im Durchschnitt 54 Jahre). Es wurde die Clinical Rating Scale for Tremor (CRST) und die International Cooperative Ataxia Rating Scale (ICARS) erhoben. In der Gruppe der Patienten war der CRST-Wert im Durchschnitt 7,3 (1 bis 30 Punkte) und der ICARS-Wert im Durchschnitt 6,8 (1 bis 15 Punkte).

Bei allen Probanden wurden die visuomotorische Adaptation und die Anpassung an ein Kraftfeld getestet. Insgesamt wurden 7 Blöcke à 63 Versuche durchgeführt. Während des 4. und 6. Blocks erfolgte die Testung der Adaptation. Pseudorandomisiert wurde entweder im 4. Block die Bewegung durch ein Kraftfeld abgelenkt oder die Bewegung auf dem Bildschirm mit einer Abweichung nach links dargestellt (visuomotorische Adaptation). Im 6. Block wurde dann jeweils die andere Bedingung untersucht.

Ergebnisse: Patienten zeigten eine größere Variabilität der einzelnen Bewegungen in den Übungsblöcken und in den Adaptationsblöcken. Dieser Unterschied wurde jedoch nicht signifikant (p=0,083, F=3,15; ANOVA, Block x Gruppe). Patienten zeigten keine Störung der Adaptation an das Kraftfeld und an die visuomotorische Störung. Tatsächlich lag der Lernindex sowohl für die visuomotorische Adaptation (t-test; p=0,670) als auch für die Kraftfeld Adaptation (t-test; p=0,014) bei Patienten über dem von Kontrollen.

Diskussion: Entgegen unseren Erwartungen konnten wir nicht zeigen, dass Patienten eine Störung der Adaptation aufweisen. Daraus lässt sich schließen, dass – auch wenn das Kleinhirn eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie des Essentiellen Tremors spielt – bei betroffenen Patienten nicht alle zerebellären Funktionen gleichermaßen betroffen sind.