Pneumologie 2011; 65 - P455
DOI: 10.1055/s-0031-1272122

Zeitmaßstab für die Einschätzung der Schläfrigkeit in der Epworth-Schläfrigkeits-Skala

W Cassel 1, T Ploch 1, M Tschuppik 1, D Schach 1, D Stawenow 1, C Vogelmeier 1
  • 1Philipps-Universität Marburg, Klinik für Innere Medizin, Schwerpunkt Pneumologie

Einleitung: Die Epworth Schläfrigkeits-Skala (ESS) kann als Standardinstrument zur Erfassung der habituellen Tagesschläfrigkeit angesehen werde. In 8 vorgegebenen Situationen soll bei diesem Verfahren die Einschlafwahrscheinlichkeit eingeschätzt werden. In den Instruktionen wird kein klarer Zeitrahmen für diese Selbsteinschätzung vorgegeben, sondern er wird mit der Formulierung: „Dies bezieht sich auf Ihren Alltag in der letzten Zeit“ offengelassen. Für uns stellte sich daher die Frage, auf welchen Zeitrahmen Patienten mit dem Verdacht auf Schlafapnoe bzw. Patienten mit behandelter Schlafapnoe, bei denen eine Therapiekontrolle vorgenommen wird, ihre Angaben in der ESS beziehen.

Methoden: Die ESS wurde auf der Rückseite um eine Zeitskala (Spreizung 1 Tag bis 30 Jahre oder mehr) ergänzt, mit der der Zeitmaßstab, der für die Patienten „in der letzten Zeit“ bedeutet, erfasst wurde. Neben dem ESS-Score und dieser Zeiteinschätzung wurde der Untersuchunsanlass (Diagnostik oder Therapiekontrolle) erhoben.

Ergebnisse: 57 Patienten (32 Diagnostik, 25 Therapiekontrolle) nahmen teil. Im Median (MD) bezogen sie ihre Angaben auf einen Zeitraum von 1 Jahr, 1. Quartil 6 Monate, 3. Quartil 5 Jahre). Es zeigte sich keine relevante Beziehung zwischen Ausprägung der Schläfrigkeit und Zeitmaßstab (r=0,01, p=0,92). Diagnostikpatienten bezogen ihre Angaben auf einen wesentlich längeren Zeitraum als Kontrollpatienten: 24 Monate vs. 6 Monate (jMD), p=0,004 und stuften sich als schläfriger ein: ESS Score MD 9 vs. 6, p=0,042.

Bewertung: Der von Patienten zugrundegelegte Zeitmaßstab ist deutlich länger als erwartet; besonders Diagnostikpatienten beziehen ihre Schläfrigkeitseinschätzung auf einen extrem langen Zeitraum. Die Verkürzung dieses Zeitmaßstabes unter Therapie spricht dafür, dass Befindensveränderungen zu einer Adaptation der subjektiven Zeitskala führen. Diese Ergebnisse sollten z.B. bei Veränderungsmessungen mit der ESS berücksichtigt werden.