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DOI: 10.1055/s-0031-1271908
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York
Kinderwunsch bei Frauen mit schweren psychischen Erkrankungen
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
20. Januar 2011 (online)
In 12 Kapiteln setzt sich die Autorin, die Soziologin und psychiatrische Krankenschwester ist, mit dem Kinderwunsch von Frauen, die an schweren psychiatrischen Erkrankungen wie Schizophrenie, affektiver Psychose und emotional instabiler Persönlichkeitsstörung leiden, auseinander. Sie wertet hierzu die narrativen Interviews, die von 5 betroffenen Frauen stammen, aus. Neben der Darstellung der theoretischen Voraussetzungen ist der Hauptteil des Buches bestimmt von der detaillierten Aufschlüsselung dessen, was aus dem subjektiven Erleben der Frauen zur Interaktion des Kinderwunsches mit der psychiatrischen Erkrankung und der Partnerschaft gesagt wird.
Akribisch arbeitet die Autorin mit diesem qualitativ-ideografischen Ansatz 3 Hypothesen zum Kinderwunsch heraus und ordnet die sich ergebenden Idealtypen in einem zweidimensionalen orthogonal gedachten Modell, bestehend aus einer Kinderwunsch- und einer Krankheitsverständnisachse, an. Es folgt eine behutsame Diskussion, die – trotz Abstraktion – unzulässige Generalisierungen vermeidet und deren Schlussfolgerungen als Ausgangspunkt weiterer Forschungen betrachtet werden. Bemerkenswert sind die respektvolle Diktion, mit welcher den psychiatrisch Leidenden begegnet wird sowie das Interesse an dem Sich-Einlassen mit dem Menschen in seiner Ganzheit, wie es in der gegenwärtigen psychiatrischen Literatur selten zu finden ist. Abgerundet wird das Buch durch ein umfangreiches Literaturverzeichnis, das den Leser in die Lage versetzt, besonders interessierenden Aspekten vertiefend nachzugehen.
Der Rezensent schließt sich der im Vorwort von Anke Rohde geäußerten Hoffnung an, "dass diese Forschung in den nächsten Jahren intensiviert und fortgesetzt wird"; ganz im Sinne von Asmus Finzen, dass sich "wissenschaftliche Psychiatrie ohne Objektivierung und Abstraktion verbietet, aber Psychiatrie ohne Respektierung und ohne Verstehen der Subjektivität kranker Menschen in ihrer sozialen Welt nicht menschlich" sei. Abschließend bleibt zu wünschen, dass das von Silvia Krumm vorgelegte Werk eine große Verbreitung findet und hilft – neben der Pflege nomothetischer Ansätze – uns wieder von der Begegnung mit dem Individuellen faszinieren zu lassen.
Michael Grube, Frankfurt Höchst
eMail: michael.grube@KlinikumFrankfurt.de
Krumm S. Biografie und Kinderwunsch bei Frauen mit schweren psychischen Erkrankungen. Bonn: Psychiatrie-Verlag; 2010: 325 Seiten; 39,95 €. ISBN 978 3-88414-514-2