Klin Monbl Augenheilkd 2010; 227 - V67
DOI: 10.1055/s-0030-1270050

Anti-VEGF-Therapie aus kardiologischer Sicht

K Pels 1
  • 1Berlin – Medizinische Klinik II Kardiologie und Pulmologie CharitéCentrum für Herz-, Kreislauf- und Gefäßmedizin, Charité Campus Benjamin Franklin

Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) ist ein angiogenes Schlüsselmolekül, das eine wichtige Rolle in verschiedenen physiologischen wie auch pathologischen Prozessen spielt. Das VEGF A und hier insbesondere die Isoform VEGF165 sind bedeutsam für die Pathogenese der choroidalen Neovaskularisation und des Makulaödems (Exsudation/Inflammation) bei der neovaskulären altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) und dem Diabetischem Makulaödem (DME). Zwei Medikamente, die zur VEGF-Inhibition entwickelt wurden, sind derzeit zur Behandlung der AMD zugelassen und wurden zur Behandlung des DME in klinischen Phase 3-Studien untersucht: 1) Pegabtanib (Macugen®, OSI /Eytech und Pfizer New York), ein Aptamer, das selektiv VEGF165 inhibiert. 2) Ranibizumab (Lucentis®, Genentech, San Francisco), ein monoklonaler Antikörper, der sämtliche Isoforme des VEGF A inhibiert. Bevacizumab – Avastin®, Genentech – ist ebenfalls ein monoklonaler Antikörper der eine VEGF A-Panblockade bewirkt und zur Therapie metastasierter Karzinome entwickelt wurde, aber obwohl hierfür nicht zugelassen auch zur Therapie der AMD eingesetzt wird.

VEGF ist nicht nur ein angiogener Wachstumsfaktor, sondern ein vaskuloprotektives Molekül, das extraokulär antiinflammatorisch und antithrombotisch wirkt. Diese Eigenschaften, haben dazu geführt, das VEGF als therapeutisches Instrument zur Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen eingesetzt wurde. Die lokale anti-VEGF-Behandlung bei der AMD/DME ist mit biologisch wirksamen Substanzspiegeln bzw. mit einer signifikanten Reduktion des VEGF in der systemischen Zirkulation verbunden. Dies ist im Kontext zahlreicher epidemiologischer Studien, die ein erhöhtes Risiko der Patienten mit AMD und diabetischer Retinopathie für die Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit und thromboembolischer Komplikationen (Myokardinfarkt und Schlaganfall) nachgewiesen haben, von besonderer klinischer Bedeutung. In den bislang durchgeführten Studien zur antiangiogenen Therapie der AMD zeigen sich Hinweise, das wiederholte intravitreale Injektionen mit Panblockade des VEGF A mit einem erhöhten Risiko für thromboembolische Ereignisse, insbesondere dem Schlaganfall verbunden sein können, wobei Patienten mit einer Schlaganfall-Anamnese besonders gefährdet sind. Studien mit wiederholter intravitrealer Injektion mit selektiver VEGF165-Inhibition bei AMD berichteten hingegen keine thromboembolischen Komplikationen. Mit Ausnahme einer randomisierten Studie zur Anti-VEGF-Therapie bei der AMD gibt es bislang keine Sicherheitsstudien und die Fallzahlen in den bisherigen Wirksamkeitsstudien sind zu klein, sowie die Nachbeobachtungszeiträume zu kurz, um klare Beurteilungen zur Sicherheit einer Anti-VEGF-Therapie bei der AMD/DME abgeben zu können. Die Warnhinweise sollten jedoch weiter aufmerksam nachverfolgt werden, und insbesondere bei kardiovaskulären Hochrisikopatienten mit einer AMD/DME bei der Wahl der anti-VEGF–Therapie im Rahmen einer Risikostratifizierung Berücksichtigung finden.