Diabetes aktuell 2010; 8(6): 243
DOI: 10.1055/s-0030-1268278
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Diabetes – und schon vergessen?

Antje Bergmann, Peter Schwarz
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Publication Date:
25 October 2010 (online)

Mit dem vorliegenden Heft von Diabetes aktuell möchten wir Ihnen eine Mischung verschiedener Schwerpunkte anbieten.

Diabetes und Demenz, Diabetes und Nephropathie weisen Gemeinsamkeiten auf. Beide haben mit hoher Wahrscheinlichkeit eine eher mikrovaskuläre Ursache und diese Folgeerkrankung ist unter Umständen schwierig zu behandeln. Wir sind heute exzellent in der Lage, makrovaskuläre Komplikationen beim Diabetiker zu erkennen und adäquat zu therapieren und gar mit verschieden Maßnahmen präventiv die Manifestation von makrovaskulären Ereignissen zu verhindern. Fast unbemerkt erleben wir aber eine drastische Zunahme von mikrovaskulären Komplikationen bei Diabetikern, entscheidend durch das immer jüngere Erkrankungs- und Erstdiagnosealter hervorgerufen.

Heute erkrankt ein Diabetiker im Alter von 42 Jahren. Vor 20 Jahren war das Erkrankungsalter noch fast vergleichbar mit dem Rentenalter. Dadurch erleben wir heute eine deutliche Vorverlagerung von mikrovaskulären Komplikationen. Vermutlich wird der Diabetes in 10 oder 20 Jahren eine Erkrankung sein, die anhand ihrer mikrovaskulären Komplikationen erkannt und diagnostiziert werden wird, weil diese der entscheidende Kostentreiber in der Behandlung des Diabetes sein werden.

Sind wir darauf vorbereitet? Mit den Artikeln im vorliegenden Heft wollen wir eine Reihe starten und kontinuierlich über diese Problematik weiter berichten.

Karl Matz aus Österreich berichtet über den Zusammenhang von Diabetes und Demenz. Wir wissen, dass Diabetiker häufig schlechtere kognitive Leistungen haben und es auch zu einer rascheren Abnahme von kognitiven Funktionen beim Diabetiker kommt. Als Ursache gelten hier gleichermaßen sowohl vaskuläre Veränderungen als auch die negativen Einflüsse von Hyper- und Hypoglykämie. Die Insulinresistenz ist hierbei ein wichtiger pathophysiologischer Faktor, der Anhalt zur Früherkennung und Prävention bieten kann.

Frank Pistrosch diskutiert die diabetische Nephropathie und die wichtigsten Faktoren für ihre Entstehung. Die Prävention dieser Folgeerkrankung ist nur durch eine frühzeitige Optimierung von Blutdruck und Blutzucker praktisch unmittelbar nach der Diagnosestellung möglich. Der Blutdruck spielt dabei wahrscheinlich eine wichtigere Rolle als die Blutzuckereinstellung.

Im Heft finden Sie des Weiteren ein Interview und einen Fallbericht.

Eckehart Schöll berichtet über einen 32-jährigen Patienten mit Typ-1-Diabetes und einer Insulinpumpentherapie, bei dem sich bei Urosepsis eine Ketoazidose entwickelte.

Im Interview auf Seite 246 spricht Stephan Martin über die Blutzuckerselbstkontrolle heute sowie in Zukunft. Gerade durch die kürzlichen Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses ist die Blutzuckerselbstkontrolle wieder in der Diskussion und wir müssen uns positionieren, um dieses wichtige Instrument im Selbstmanagement für Menschen mit Diabetes nicht zu verlieren.

Wir hoffen, Ihnen mit der bunten Mischung in diesem Heft wieder etwas anbieten zu können, was Ihr Interesse weckt und Sie zum Lesen anregt. Haben Sie Kommentare, andere Meinungen oder Vorschläge? Schreiben sie uns doch einen Leserbrief, den wir sehr gerne drucken werden. Wir wünschen Ihnen sehr viel Freude beim Lesen.

Viele herzliche Grüße

Ihre Antje Bergmann und Peter Schwarz

Prof. Dr. med. Antje Bergmann
Prof. Dr. med. Peter Schwarz