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DOI: 10.1055/s-0030-1267690
Akutes toxisches Leberversagen aufgrund einer Vitaminüberdosierung bei Sprue
Anamnese: Ein 18-jähriger Gymnasiast präsentierte sich mit einem schmerzlosen Ikterus und Zeichen eines akuten Leberversagens mit Aszites. Um seine schulischen Leistungen zu verbessern hatte der Patient seit Monaten exzessive Dosen an Vitaminen zu sich genommen (täglich 4–5g Vitamin C, etwa 3200 IE Vitamin A, ca. 4000 IE Vitamin D und 2–3g Vitamin B3 (Niacin)).
Körperliche Untersuchung: Schlanker EZ, leicht reduzierter AZ, voll orientiert, nicht verlangsamt, Ikterus, periphere Ödeme, Aszites, Hämatome an den Beinen.
Befunde: Laborchemisch fanden sich erhöhte Leberwerte (Bilirubin ges. 19,9mg/dl, GOT 832U/l, GPT 389U/l) und eine stark eingeschränkte Lebersynthesefunktion (INR 6,6, Quick 10%, Albumin 22,1g/l, CHE 1768U/l). Sonographisch zeigten sich ein echovermehrtes Leberparenchym, Aszites und eine Hepatosplenomegalie bei regelrechter Leberperfusion. Histologisch präsentierte sich eine hepatozelluläre Cholestase mit Parenchymnekrosen als Zeichen einer toxischen Leberparenchymschädigung. In der Speziallabordiagnostik zeigten sich stark erhöhte Transglutaminase-IgA-Antikörper (>2000 U/ml), mäßig erhöhte Gliadin-Antikörper (Gliadin-IgG 24,5 U/ml, Gliadin-IgA 64,5 U/ml) und eine erhöhte Transferrinsättigung (94%) bei erhöhtem Ferritin, HFE-Gen negativ. Eine erst 2 Wochen nach Beginn einer glutenfreien Diät durchgeführte tiefe Duodenalbiopsie war unauffällig.
Therapie und Verlauf: Nach Substitution von fresh frozen plasma, parenteraler Vitamin K-Gabe, Absetzen der Vitaminpräparate und Beginn einer glutenfreien Diät bei potenzieller Sprue stabilisierte sich die Leberfunktion. Aszites und Beinödeme waren unter der diuretischen Therapie komplett rückläufig. Im Verlauf entwickelte sich eine Panzytopenie (Leukozyten 2,4/nl, Hb 11,8g/dl, Thrombozyten 117/nl), welche als protrahierte toxische Reaktion gewertet wurde. Bereits nach 18 Tagen konnte der Patient mit normalen Gerinnungswerten (Quick 91%) und einem erhöhten Bilirubin (7mg/dl) entlassen werden.
Schlussfolgerung: Der präsentierte Fall zeigt ein atypisches akutes, toxisches Leberversagen bei sehr hoher oraler Vitaminzufuhr bei einer bislang unentdeckten Sprue.