Ultraschall Med 2010; 31 - V20_04
DOI: 10.1055/s-0030-1266874

Kontrastmittelverstärkter Ultraschall (CEUS): frühzeitige Amputationsprognose nach Erfrierungen

C Richter 1, B Klemenz 2, M Vogelpohl 1
  • 1Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Angiologie, Ulm
  • 2Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Abteilung Nuklearmedizin, Ulm

Problemstellung: Die Abschätzung des Erfrierungsgrades und der damit verbundene Verlust von Endgliedmaßen fällt in der initialen Beurteilung schwer. Erst im Verlauf demarkiert sich eine mögliche Amputationsgrenze. Auch wenn unverändert gilt "im Winter erfroren, im Sommer amputieren", kann durch Wundinfektion eine vorzeitige Amputation notwendig werden. In diesem Kontext ist eine präzise, frühzeitige Perfusionsdiagnostik notwendig, um optimale Amputationsergebnise zu erzielen.

Patienten und Methode: Wir stellen zwei Patienten mit Erfrierungen der Finger vor (Fall 1: initiale Körperkerntemperatur 26,9 Celsius°, Befall aller Langfinger, Fall 2: Erfrierung an D II), die mit CEUS (Linearschallkopf, Philips iu22, SonoVue® iv.) zum Grenzzonennachweis zwischen vitalem Gewebe und erfrorenen Arealen initial und im Verlauf untersucht wurden. Ebenso wurden 3-Phasen-Skelettszintigrafien (99mTechnitium-Diphosphonopropandicarbonsäure) zur Beurteilung der Perfusion und der ossären Vitalität durchgeführt. Beide Patienten erhielten eine mulimodale vaskuläre Therapie mit Antikoagulation, dualer Thrombozytenfunktionshemmung und Prostaglandinen.

Ergebnisse: Alle nach der Erfrierung im initialen CEUS nicht kontrastierten Gewebeabschnitte stellten sich auch im späteren Verlauf nicht perfundiert dar und mumifizierten. Die Ergebnisse des CEUS stimmen mit den szinitgrafischen Untersuchungen überein, ermöglichen jedoch eine höher Auflösung.

Schlussfolgerungen: Durch die mikrovaskuläre Bildgebung mittels CEUS gelingt eine frühzeitige Diskriminierung zwischen vitalem und erfrorenem Gewebe. Aufgrund dieser Erfahrungen haben wir dieses Ultraschallverfahren in unser Konzept der Diagnostik und multimodalen Therapie bei Erfrierungen (Antikoagulation, duale Thrombozytenfunktionshemmung, hyperbare Oxygenation und hochdosierte Gabe von Prostaglandinen, trocken-sterile Wundversorgung) als frühzeitigen Vitalitätsnachweis aufgenommen. Die so gewonnen Informationen können bei einer frühzeitig notwendigen Amputation hilfreich sein, um eine Majoramputation zu vermeiden.

Es werden praktische Hinweise zur Durchführungen des CEUS in dieser Indikation und pitfalls wie Ödem- und Blasenbildung, Kontrakturen der Finger und Mumifikation gegeben.

Literatur:

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