Gesundheitswesen 2010; 72 - P194
DOI: 10.1055/s-0030-1266701

Nutzbarkeit von Sekundärdaten – Erweiterte analytische Möglichkeiten durch Kohortenabgleich der Daten des Diabetes Typ 2 Disease-Management-Programms mit Daten des Epidemiologischen Krebsregisters NRW

H Kajüter 1, W Batzler 1, A Simbrich 2, H Hense 3
  • 1Epidemiologisches Krebsregister NRW, Münster
  • 2Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Hamburg
  • 3Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin/Epidemiologisches Krebsregister NRW, Münster

Hintergrund: Routinedaten sind eine wertvolle Datenbasis für epidemiologische Studien. Bisher wurden Sekundärdatenquellen in Deutschland vor allem im Rahmen der Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung genutzt. In dieser Studie werden – bundesweit erstmalig – routinemäßig erhobene Daten aus dem Disease-Management-Programm für Diabetes mellitus Typ 2 (DMP-DM2), mit dem Datenbestand eines Epidemiologischen Krebsregisters abgeglichen, um anschließend das Risiko für Krebserkrankungen bei Typ 2 DiabetikerInnen schätzen zu können. Methode: Berücksichtigt wurden AOK-Versicherte TeilnehmerInnen des DMP-DM2 aus dem Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, mit Wohnsitz im Regierungsbezirk Münster, die bei der Ersteinschreibung vom 2.6.2003 bis 30.6.2008 im Alter von 40 bis 79 Jahren waren. Personenidentifizierende Angaben (Name, Vorname, Geburtstag) des DMP-Datensatzes wurden in einem 2-stufigen Verfahren vor der Übermittlung an das EKR NRW pseudonymisiert. Zusammen mit Klartextangaben zu Geschlecht, Postleitzahl und Wohnort gingen die generierten Pseudonyme in das stochastische Record Linkage ein. Ergebnisse: Von den ursprünglich 128.677 Personen im DMP-Datensatz erfüllten 27.450 TeilnehmerInnen (47,5% Männer; 52,5% Frauen) die Auswahlkriterien und wurden mit den Daten des EKR abgeglichen. Dabei wurden im EKR NRW 2053 Tumoren identifiziert, die nach der Einschreibung in das DMP auftraten, darunter sind 409 Mehrfachtumoren. Häufigste Tumorlokalisationen waren bei Männern Prostata 14,9%, Lunge 14,7% und Kolon 12,6% und bei Frauen Brust 19,9%, Kolon 11,8% und Lunge 6,7%. In ersten explorativen Auswertungen waren die altersstandardisierten Inzidenzraten für Männer beim Lungen- und Kolonkarzinom erhöht, bei Frauen lagen alle Raten im Bereich der Inzidenzraten in der Allgemeinbevölkerung. Diskussion: Die Ergebnisse dieser deskriptiven Auswertung, geben einen ersten Eindruck über das Vorkommen von Krebserkrankungen innerhalb der DMP-Kohorte. Das Record-Linkage-Verfahren des EKR NRW wurde bereits evaluiert. Trotz einiger Einschränkungen in der Qualität der genutzten Routinedaten konnten wir grundsätzlich zeigen, dass Sekundärdaten pseudonymisiert und durch Record Linkage, personenbezogen mit Krebsregisterdaten zusammenzugeführt werden können und damit für wissenschaftliche Studien nutzbar sind. Im nächsten Schritt sollen Standardisierte-Inzidenz-Ratios in Abhängigkeit zur Behandlungsmethode berechnet werden.