RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0030-1266559
Determinanten für die elterliche Angabe von Impfnebenwirkungen bei Kinder und Jugendlichen
Mit sinkender Inzidenz impfpräventabler Erkrankungen gewinnen Impfnebenwirkungen und deren Wahrnehmung zunehmend Bedeutung bei elterlichen Impfentscheidungen. Im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey („KiGGS“) wurden 2003–2006 durch das Robert Koch-Institut repräsentative Daten zum Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen im Alter von 0–17 Jahren erhoben. Impfangaben wurden der ärztlichen Dokumentation in den Impfausweisen entnommen. Im ärztlichen Interview wurde nach Gründen für nicht verabreichte Impfungen, nach schlecht vertragenen Impfungen und den hierbei aufgetretenen Symptomen gefragt. Mit den SPSS-Analyseverfahren für komplexe Stichproben wurden die Häufigkeit von Impfnebenwirkungen mit zugehörigen 95%-Konfidenzintervallen (95%KI) berechnet sowie mittels multivariater logistischer Regressionsanalyse Determinanten für die Nennung von Impfnebenwirkungen identifiziert und ihre Effektstärken als Odds Ratios (OR mit 95%KI) quantifiziert. Eltern von 2,1% (95%-KI 1,8–2,5) Kindern und Jugendlichen gaben Unverträglichkeiten nach einer oder mehreren Impfungen an. Am häufigsten wurde dabei eine Kombinationsimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln genannt (15,2%; 95%-KI 10,9–20,7). Unter Bezug auf die absolute Anzahl verabreichter Masernimpfdosen betrug die elternberichtete Häufigkeit von Nebenwirkungen nach Masernimpfung mit 2,43/1000 (95%-KI 1,84–3,03/1000). Die Häufigkeit entspricht damit der MedDRA-Kategorie „Gelegentlich“ (1 bis 10 Behandelte von 1000). Die Regressionsanalyse zeigte, dass die Wahrscheinlichkeit für die Angabe einer Impfnebenwirkung innerhalb von einem Jahr nach Masernimpfung dreimal so hoch war wie nach Ablauf eines Jahres. Im Regressionsmodell wurde, adjustiert für Interviewereffekte, der Zusammenhang zwischen der Angabe von Impfnebenwirkungen und Alter, Geschlecht, Schichtzugehörigkeit, Leben in alten bzw. neuen Bundesländern, Alter der Mutter, Geschwisteranzahl, Migrantionsstatus sowie der elterlichen Impfeinstellung untersucht. Am stärksten mit der Wahrscheinlichkeit einer Impfnebenwirkungsangabe im Interview assoziiert war die elterliche Impfeinstellung: Eltern, die es für besser hielten, dass einzelne Erkrankung vom Kind selbst durchgemacht werden, gaben etwa dreimal so häufig auch Impfnebenwirkungen an (OR 3,4; 95%-KI 2,4–4,9). Die retrospektive Erhebung von Impfnebenwirkungen wird erschwert durch Recall-Effekte und sollte zur Vermeidung von Interviewereffekten hochstandardisiert durchgeführt werden. Wahrnehmung und Bericht von Nebenwirkungen scheint durch die elterliche Impfeinstellung beeinflusst zu sein.