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DOI: 10.1055/s-0030-1266393
Vergleichende Analysen umweltbedingter Krankheitslasten in sechs europäischen Ländern: das EBoDE-Projekt
Einleitung und Hintergrund: Der Begriff „umweltbedingte Krankheitslast“ (engl. Environmental Burden of Disease, EBD) beschreibt die Gesamtheit umweltbedingter gesundheitlicher Einschränkungen innerhalb einer Bevölkerungsgruppe. Die EBD berücksichtigt die Zeit, in der Erkrankungen die Lebensqualität einschränken und die Lebenszeit, die durch einen vorzeitigen Tod eingebüßt wird. Als vergleichbares Maß für die gesundheitliche Relevanz verschiedener Umwelteinflüsse stellen EBD-Berechnungen eine wesentliche Entscheidungsgrundlage der gesundheitsbezogenen Umweltpolitik dar. Das multinationale Projekt EBoDE (Environmental Burden of Disease in Europe) untersucht die Auswirkung verschiedener Umwelteinflüsse auf zahlreiche gesundheitliche Endpunkte. Material und Methoden: Für das EBoDE-Projekt wurden zunächst neun Umwelteinflüsse ausgewählt, denen eine hohe Gesundheitsrelevanz zugeschrieben wird oder denen eine erhebliche öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wird: Benzol, Blei, Dioxine (inkl. dioxin-ähnlicher PCB), Feinstaub, Formaldehyd, Lärm, Ozon, Passivrauch und Radon. Berechnet wurde die EBD für die EU-Mitgliedstaaten Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien und die Niederlande für die Jahre 2004 und 2010. Quantifiziert wurde die EBD mittels Disability-Adjusted Life Years (DALY – mit dem Grad der gesundheitlichen Einschränkung gewichtete Lebensjahre). Die Ermittlung der DALY basiert auf länderspezifischen Daten zur Umweltexposition und WHO-Daten zur gesamten Krankheitslast in den einzelnen Ländern. Ergebnisse: Im Ergebnis sind die neun betrachteten Umwelteinflüsse für etwa 7–12% der gesamten, nicht nur umweltbedingten Krankheitslast in diesen Ländern verantwortlich. Feinstaub verursacht dabei die höchste EBD. Ihm sind jährlich 6–9 DALY pro 1.000 Einwohnern zuzuschreiben. Danach folgen Lärm, Radon und Passivrauch. Die anderen fünf betrachteten Umwelteinflüsse tragen insgesamt weniger als 10% zur EBD aller neun Stressoren bei. Diskussion und Schlussfolgerungen: Das EBoDE-Projekt zeigt, dass eine konsistente Ermittlung der EBD durch ausgesuchte Umwelteinflüsse in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten machbar ist. Dennoch wurden Unsicherheiten identifiziert, die die Vergleichbarkeit einschränken: So ist z.B. die Datenqualität hinsichtlich der Blei-Exposition in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Die kanzerogenen Wirkungen von Formaldehyd und Dioxinen können bisher nur bedingt berücksichtigt werden. Weitere umweltepidemiologische Forschung und eine stärker harmonisierte Expositionsermittlung in Europa können die Vollständigkeit und Aussagekraft von EBD-Berechnungen weiter verbessern.