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DOI: 10.1055/s-0030-1266118
Bilaterale Enzephalitis mit ungewöhnlicher Lokalisation durch Herpes simplex Virus Typ I – eine Komplikation immunsuppressiver Therapie
Bilateral Herpes Encephalitis in Unusual Localization Caused by Herpes Simplex Typ I – A Complication of Immunosuppressive TreatmentPublication History
Publication Date:
09 August 2011 (online)
Hintergrund
Herpes simplex Typ I (HSV I) ist weltweit der häufigste Erreger einer sporadischen Enzephalitis [1]. In Europa beträgt die Inzidenz der HSV-Enzephalitis (HSE) etwa 1–2 / 100 000 Einwohner. Klinische Zeichen sind plötzliches, hohes Fieber, Kopfschmerzen, fokale oder generalisierte epileptische Anfälle und progrediente Vigilanzminderung. Unbehandelt nimmt die Erkrankung in 70–80 % einen letalen Verlauf, aber auch im Falle einer zeitnahen Diagnose und Therapie erreicht die Mortalität immer noch 20–30 % [1]. Die beiden entscheidenden prognostischen Faktoren sind 1. die Komorbidität des Patienten sowie 2. die Dauer bis zum Beginn einer antiviralen Therapie [2]. Aktuell wird eine intravenöse Therapie mit dem Virusstatikum Aciclovir (10 mg / kg KG alle 8 Stunden) empfohlen [3]. Zur Sicherung der Diagnose sollte eine kontrastmittelgestützte Magnetresonanztomografie (MRT) des Kopfes erfolgen. In der Frühphase sind diffusionsgewichtete (DWI)-Sequenzen besonders geeignet, die enzephalitischen Läsionen sichtbar zu machen [4]. Die Computertomografie (CCT) ist mit einer Sensitivität von nur 50 % dafür nicht ausreichend. Häufigste Lokalisation der HSE ist der mesiale Temporallappen, in der Frühphase oft noch unilateral begrenzt [5]. Aber auch Manifestationen außerhalb des Temporallappens wurden beschrieben, insbesondere die Gyri cinguli, die beiden Fornices und die mesialen Gyri der Frontallappen [5]. Die laborchemische Sicherung der Diagnose erfolgt durch die Herpes-Polymerasekettenreaktion (Herpes-PCR) aus dem Liquor. Unauffällige Befunde in MRT und Liquor wurden in der Frühphase der HSE in bis zu 30 % beschrieben und dürfen daher bei klinischem Verdacht auf keinen Fall zur Unterlassung oder zum Abbruch der antiviralen intravenösen Therapie verleiten [6].
Die Pathogenese der HSE ist bisher nur partiell geklärt. Möglicherweise ist eine besondere Immunantwort des Wirtes der entscheidende Trigger für das neurotoxische Ödem und den Gewebeuntergang [6]. Dies könnte erklären, warum immunsupprimierte Menschen, trotz der hohen Inzidenz an mukokutanen HSV-Infektionen nicht häufiger an einer HSE erkranken als Gesunde [6].
Im Folgenden beschreiben wir die diagnostischen Herausforderungen im Falle eines immunsupprimierten Patienten mit atypisch lokalisierter HSE.
Literatur
- 1 Levitz R E. Herpes simplex encephalitis: A review. Heart&Lung. 1998; 27, No.3 209-212
- 2 Kapur N, Barker S, Burrows E H et al. Herpes simplex encephalitis: long-term magnetic resonance imaging and neuropsychological profile. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 1994; 57 1334-1342
- 3 James S H, Kimberlin D W, Whitley R J. Antiviral Therapy for Herpesvirus Central Nervous System Infections: Neonatal Herpes Simplex Virus Infection, Herpes Simplex Encephalitis, and Congenital Cytomegalovirus Infection. Antiviral Res. 2009; 83 207-213
- 4 Küker W, Nägele T, Schmidt F et al. Diffusion-weighted MRI in herpes simplex encephalitis: a report of three cases. Neuroradiology. 2004; 46 122-125
- 5 Wasay M, Mekan S F, Khelaeni B et al. Extra temporal involvement in herpes simplex encephalitis. European Journal of Neurology. 2005; 12 475-479
- 6 Bradford R D, Pettit A C, Wright P W et al. Herpes Simplex Encephalitis during Treatment with Tumor Necrosis Factor-a Inhibitors. Clinical Infectious Diseases. 2009; 49 924-927
Dr. med. Johannes Michael Albers
Klinik und Poliklinik für Neurologie (Direktor: Univ.-Prof. Dr. E. B. Ringelstein)
Universitätsklinikum Münster
Phone: 0251/83-48231
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