Endo-Praxis 2010; 26(3): 101
DOI: 10.1055/s-0030-1265831
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Endoskopie und die Suche nach optimierter Untersuchungsqualität

S. Rossol
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Publication Date:
23 August 2010 (online)

Die Untersuchungsqualität medizinischer Verfahren gerät immer mehr in den Mittelpunkt der medizinischen Versorgung. Nicht erst seit der rechtlich verbindlichen Erstellung von Qualitätsberichten in den Krankenhäusern ist dieses Thema relevant. Es wird auch als sehr aktives und offensives Kriterium im Wettbewerb um Patienten verwendet. Gerade Krankenhauskonzerne nutzen dies zur Außendarstellung (Patientenportale im Internet etc.) und auch zum internen Benchmarking ihrer Kliniken, sodass alle Facetten dieser Indikatoren transparent sind und analysiert werden können. Dieser Druck zur besseren Qualität ist nicht aufzuhalten oder wollen wir etwa nicht alle für unsere Patienten oder auch für uns selbst im Krankheitsfalle das Beste?

Somit muss auch im niedergelassenen gastroenterologischen Bereich sowie in den Endoskopieabteilungen der Krankenhäuser die Suche nach der optimierten Untersuchungsqualität zentral und immer mehr in den täglichen Ablauf integriert werden. Zum erheblichen Teil geschieht dies bereits, z.B. bei formalen Rahmenbedingungen wie Sedierungsprotokollen, Hygienestandards oder Überwachungsvorgaben. Aber auch neue Änderungen wie z.B die Notwendigkeit der Umsetzung der neuen Sedierungsleitlinie, die die Einzelpraxis mit Endoskopie unter massiven Druck setzt (2. Arzt mit Intensiverfahrung, Sedierungskurs des pflegerischen Personals etc.), sind umzusetzen. Jeder in der Endoskopie Verantwortliche sollte sich fragen, ob überhaupt und wie aktuell Daten zur Morbidität und Mortalität der einzelnen Untersuchungen vorliegen. Wenn im Rahmen der allgemeinen Zertifizierungseuphorie z.B. Darmzentren etabliert werden, sind solche Qualitätsindikatoren Standard und werden nachgefragt. Die selbst initiierte Erstellung solcher Unterlagen ist hier mehr als hilfreich, deckt sie doch auch interne Unterschiede zwischen den Untersuchern auf und kann bei transparenter Diskussion in den Abteilungen zu einer deutlichen Verbesserung der Untersuchungsqualität führen. Auch moderne Befund- und Videodokumentationssysteme sind durch Befunde nach Fachgesellschaftsstandard, regelhafte Statistiken, automatisierte OPS und ICD-Verschlüsselung und durch abgespeicherte Fotodokumentation an anatomischen Referenzstellen des Gastrointestinaltrakts für die Basisqualität endoskopischer Untersuchungen hilfreich. Interessant sind zudem rein patienten-orientierte Indikatoren wie die Zufriedenheit vor der Untersuchung (Wartezeit etc.), die Aufwachphase und der Entlassungsmodus nach der Untersuchung. Faktoren wie die Untersucherverfügbarkeit in interdisziplinären Endoskopieabteilungen, die Zuwendung beim Gespräch vor der Untersuchung, die Reaktion auf Komplikationen nach der Untersuchung etc. sind wichtig für die formale Bewertung in der Außen- und Innensicht der Abteilung.

Unabhängig von solchen formalen, organisatorischen, räumlichen, materialtechnischen oder infektions-hygienischen Charakteristika sind es vor allem aber die personellen Voraussetzungen, die die Ergebnisqualität der Prozesse in einer Endoskopieabteilung bestimmen. Schon vor einer Untersuchung ist durch professionelles Management der Patienten eine Risikoreduktion zu erreichen. Hier sei nur die zunehmende Zahl von Patienten mit gerinnungshemmenden Medikamenten zu nennen, die bei Nichtbeachtung eine deutlich erhöhte Komplikationsrate induzieren. Die neue Sedierungsleitlinie ist ein weiterer wichtiger Schritt zu einer verbesserten Qualität in der Endoskopie. Die erhöhte Komorbidität und Empfindlichkeit alter oder multimorbider Patienten ist zu berücksichtigen (z.B. Herzkreislauferkrankungen, Elektrolytverschiebungen bei Koloskopievorbereitung, angepasste Sedierung und Überwachung während der Endoskopie).

Durch zunehmende Verschiebungen zwischen den diagnostischen Verfahren, die z.B. von der Radiologie übernommen werden, konzentriert sich vieles (z.B. ERCP) im Bereich standardisierter und zunehmend interventioneller Techniken. Bereits beim Standardverfahren ERCP muss die Frage von Training und Komplikationen immer wieder gestellt und neu beantwortet werden. Um eine permanente Verfügbarkeit der Methode zu gewährleisten, sind ausreichendes Training und Papillotomiezahl unerlässlich. Nur dann lassen sich die Rate von Post-ERCP Pankreatitis, Cholangitis etc. auf das erforderliche Mindestmaß heruntersetzen. Die Anleitung des Unerfahrenen durch den erfahrenen Untersucher (kurze Untersuchungszeit unter kontrollierten Bedingungen, selektive Kanülierung mit dem Draht, Verhinderung eines Paravasates etc.) muss sich in die formale Untersuchungsqualität mit einfügen. Für die Koloskopie sind Qualitätsindikatoren wie das Erreichen des Zoekums, die Intubation der IC-Klappe, die ausreichende Zeit des Koloskoprückzugs und die komplikationsarme radikale Polypektomie zu bewerten bzw. zu dokumentieren.Abschließend trägt auch die Verfügbarkeit der Kollegen bei Komplikationseintritt (Radiologe, Anästhesist) dazu bei, die Auswirkungen für den Patienten zu reduzieren und die Untersuchungsqualität zu verbessern.

Bibliografie

DOI www.dx.doi.org/10.1055/s-0030-1254314

Endo-Praxis 2010; 26: 101

© Georg Thieme Verlag KG

Stuttgart • New York

ISSN 0342-0477

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Prof. Dr. med. S. Rossol

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