Zeitschrift für Palliativmedizin 2010; 11 - PL2_2
DOI: 10.1055/s-0030-1265302

Kirche der Angst – Christoph Schlingensief

M Gaspar 1
  • 1Klinik Nordfriesland, St. Peter-Ording

Als „Sturz aus der normalen Wirklichkeit“ hat Nikolaus Gerdes die Diagnose Krebs bezeichnet, eine Metapher von höchster Prägnanz. Unabhängig von Tumorentität und Prognose konfrontiert eine Krebsdiagnose die davon Betroffenen mit ihrer individuellen Sterblichkeit. Darauf zu reagieren und damit umzugehen gibt es mannigfaltige Möglichkeiten. Seit jeher haben sich insbesondere Künstler öffentlich mit Leiderfahrungen auseinandergesetzt, insbesondere durch literarische Arbeiten. In den letzten Jahren so sehr zunehmend, dass Kulturwissenschaftler von der „neuen Sichtbarkeit des Todes“ sprechen. Eine besondere künstlerische Dimension der Auseinandersetzung mit der Diagnose Krebs zeigt der Regisseur Christoph Schlingensief mit seinem Fluxus-Oratorium „Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir“. Dem Motto Joseph Beuys „Wer seine Wunden zeigt, wird geheilt“ folgend, stellt sich Schlingensief in der ihm eigenen provokanten Art multimedial seinen Ängsten im öffentlichen Raum des Theaters, gleichsam als Ausstellung seiner Krankheit. Dies in Ausmaß und Bedeutung einzigartige Projekt wird im literarischen und gesellschaftlichen Kontext dargestellt.