Z Gastroenterol 2010; 48 - P669
DOI: 10.1055/s-0030-1264108

Therapieresistenz beim Morbus Crohn – standardisiertes Konzept mit Umwegen

N Müller 1, E Schäfer 1, U Meyer 2, B Dohmen 3, FW Albert 4, W Steurer 1
  • 1Westpfalzklinikum Kaiserslautern, Klinik für Viszeralchirurgie, Kaiserslautern, Germany
  • 2Westpfalzklinikum Kaiserslautern, Klinik für Radiologie, Kaiserslautern, Germany
  • 3Westpfalzklinikum Kaiserslautern, Institut für Pathologie, Kaiserslautern, Germany
  • 4Westpfalzklinikum Kaiserslautern, Klinik für Gastroenterologie und Nephrologie, Kaiserslautern, Germany

Einleitung: In Deutschland sind 120 000 Menschen von Morbus Crohn betroffen. Tuberkulose führt in Deutschland jährlich zu 200 Todesopfern. Die Mykobakterien können neben der Lunge prinzipiell jedes andere Organ befallen. Treffen diese beiden Erkrankungen aufeinander, ergibt sich ein komplexes und schwer diagnostizierbares Krankheitsbild.

Falldarstellung: Eine 33-jährige Patientin mit persistierenden Abdominalschmerzen zeigt coloskopisch eine Ileitis terminalis und entzündliche Läsionen im rechten Hemicolon, histologisch einem Morbus Crohn entsprechend. Die Budesonid- und Pentasa-Therapie wird bei Pentasa-Unverträglichkeit auf Urbason umgestellt.

Tage später erfolgt die stationäre Aufnahme aufgrund stärkster abdomineller Schmerzen mit Erbrechen. Der MR-Sellink zeigt ein wandverdicktes terminales Ileum und eine Dünndarmstenose im linken Mittelbauch. Unter Prednisolon und Salofalk wird die Patientin nach Beschwerdebesserung entlassen.

Nach 3 Wochen erfolgt die Aufnahme mit akutem Abdomen und anhaltendem Fieber. Der computertomographische Verdacht einer Coecumperforation wird intraoperativ bestätigt neben 4 segmentalen Entzündungsherden im Dünndarm und einer miliaren peritonealen Aussaat. Es wird eine Hemicolektomie rechts mit Ileotransversostomie und eine Ileumsegmentresektion durchgeführt.

Histologisch zeigt sich eine Abdominaltuberkulose. Unter 4-fach tuberkulostatischer Therapie verschlechtert sich der Zustand der Patientin. Bei CT-morpologischem Verdacht einer Anastomoseninsuffizienz erfolgt die Relaparotomie mit unauffälliger Anastomose und blandem intraabdominellen Befund. Die Trachealsekretuntersuchung nach Tracheotomie ergibt eine offene Lungentuberkulose. Unter der 4-fach tuberkulostatischen Therapie entwickelt sich ein progredient septisches Bild. Bei positiven Kokken in der Blutkultur bleibt die Therapie mit Linezolid ohne Erfolg. Nach kompletter Kultivierung zeigt die ZVK-Spitze Vancomycin-resistente Enterokokken. Die Gabe von Tigecyclin führt erstmals zu fallenden Infektparametern mit Temperaturrückgang und klinischer Erholung der Morbus-Crohn Patientin.

Schlussfolgerung: Die Tuberkulose erlebt in Deutschland eine Renaissance. Die Diagnosestellung ist besonders erschwert beim Aufeinandertreffen zweier granulomatöser Erkrankungen.