Z Gastroenterol 2010; 48 - P306
DOI: 10.1055/s-0030-1263746

Ghrelin-Serumkonzentrationen sind bei kritisch kranken Patienten unabhängig von der zugrundeliegenden Ätiologie erhöht und sind Prädiktoren für eine günstige Prognose

A Koch 1, E Sanson 1, A Helm 1, S Voigt 1, C Trautwein 1, F Tacke 1
  • 1Universitätsklinikum Aachen, Medizinische Klinik III, Aachen, Germany

Einleitung: In tierexperimentellen Sepsis-Modellen konnte gezeigt werden, dass die Applikation von Ghrelin vielfältige günstige Effekte auf die Hämodynamik und die Organprotektion besitzt. Ziel unserer Studie war es, Ghrelin-Serumkonzentrationen in Patienten mit unterschiedlichen intensivmedizinischen Krankheitsbildern zu untersuchen, um somit erstmalig aus klinischer Sicht mögliche pathophysiologische Funktionen von Ghrelin in einem großen Kollektiv kritisch kranker Patienten zu identifizieren.

Methodik: Insgesamt wurden 170 kritisch kranke Patienten prospektiv innerhalb unserer Studie zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme auf die ICU untersucht und mit 60 gesunden Kontrollen verglichen. Nachbeobachtung erfolgte über ca. drei Jahre.

Ergebnisse: Ghrelin-Serumkonzentrationen kritisch kranker Patienten waren im Vergleich zu gesunden Kontrollen signifikant erhöht. Keine Unterschiede in den Ghrelin-Spiegeln bestanden in der Subgruppenanalyse zwischen septischen und nicht septischen Patienten. Ghrelin-Serumkonzentrationen waren ebenfalls nicht mit den zugrundeliegenden Ätiologien einer kritischen Erkrankung assoziiert. Auch der Body-Mass-Index und ein vorbestehender Diabetes mellitus zeigten keine Assoziation mit Ghrelin bei Intensivpatienten. Ghrelin korrelierte nicht mit Biomarkern der systemischen Inflammation oder der Leberfunktion. In der Subgruppe der nicht-septischen Patienten konnte eine inverse Korrelation mit der Nierenfunktion und Parametern des Kohlenhydrat-Stoffwechsels nachgewiesen werden. Hohe Ghrelin-Spiegel bei Aufnahme waren Prädiktoren einer günstigen Prognose bezüglich des Überlebens auf der Intensivstation bei Patienten mit Sepsis. Darüber hinaus war Ghrelin signifikant assoziiert mit der Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung bei kritisch kranken Patienten.

Schlussfolgerung: In unserer Studie war die Ghrelin-Serumkonzentrationen bei allen intensivmedizinischen Krankheitsbildern erhöht. Hohe Ghrelin-Spiegel waren ein positiver Prädiktor des Überlebens auf der Intensivstation bei Patienten mit Sepsis. Diese Beobachtung unterstützt vorherige tierexperimentelle Ergebnisse. Jedoch sind weitere experimentelle und klinische Studien notwendig, um das prognostische und mögliche therapeutische Potential von Ghrelin in der Behandlung der Sepsis zu evaluieren.