Z Gastroenterol 2010; 48 - P088
DOI: 10.1055/s-0030-1263532

Stellenwert und Ergebnisse der operativen Therapie bei iatrogenen Perforationen im Gastro-Intestinaltrakt

JC Lauscher 1, J Gröne 1, U Zurbuchen 1, A Rentsch 1, HJ Buhr 1, JP Ritz 1
  • 1Charité – Campus Benjamin Franklin, Chirurgische Klinik I, Berlin, Germany

Einleitung: Die iatrogene Hohlorganperforation im Gastro-Intestinaltrakt im Rahmen einer endoskopischen oder therapeutischen Maßnahme stellt eine seltene, jedoch gefürchtete Komplikation dar. Die operative Behandlung gilt als Standardverfahren zur definitiven Versorgung dieser iatrogenen Perforationen (IP).

Ziele: Die Ergebnisse der chirurgischen Therapie der IP zu analysieren und ihren Stellenwert im Behandlungskonzept darzustellen.

Methodik: Eingeschlossen wurden Patienten, die zwischen 01/93 und 08/09 wegen einer IP des GI-Traktes im Rahmen einer diagnostischen und/oder therapeutischen Endoskopie operativ in unserer Klinik versorgt wurden. Relevante Patientendaten (u.a. Diagnose, Komorbidität, Indikation, Morbidität, Letalität) wurden retrospektiv über die Klinikdatenbank erfasst und ausgewertet.

Ergebnis: Im genannten Zeitraum wurden 105 Patienten wegen einer IP operativ therapiert. Der Abstand von der Prozedur und der Diagnosestellung der IP betrug in 10,1% ≥24h, in 11,1% 48–72h und in 16,1% >72h. Im oberen GI-Trakt wurden Perforationen schneller erkannt als im Kolon und Rektum (Anteil der Diagnosen innerhalb von 24h: 79,8% vs. 62,8%). Die erhöhte Latenz korrelierte mit einer erhöhten Letalität (Gesamt-Letalität 32,3%; bei sofortiger Diagnose: 24,2%; nach 24h: 40,0%; nach 48–72h: 36,4%; später als 72h: 56,3%). Ein hohes Patientenalter (≥80 Jahre) ging unabhängig von der Latenz mit einer Verschlechterung der Prognose einher (Letalität 55,0% vs. 26,6% bei Patienten <80 Jahre).

Schlussfolgerung:

  • Die iatrogene Hohlorganperforation wird nicht selten verzögert diagnostiziert und therapiert.

  • Die Latenz bedingt die Ausbreitung des septischen Krankheitsbildes und geht mit einer erhöhten Letalität einher.

  • Perforationen mit direktem Kontakt zur Bauchhöhle werden früher diagnostiziert und haben eine bessere Prognose.

  • Perforationen ohne direkten Kontakt zur Bauchhöhle, wie Ösophagus und Rektum, werden möglicherweise als Folge einer verschleierten Klinik später diagnostiziert und sind mit einer schlechteren Prognose vergesellschaftet.

  • Daher ist insbesondere bei diesen Organen beim geringsten Verdacht auf eine iatrogene Perforation die umgehende und gezielte Diagnostik und Therapie entscheidend für die Prognose.