Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2010; 7 - A60
DOI: 10.1055/s-0030-1262032

Humane Brustkrebsprimärkulturen als individualisiertes tumortherapeutisches Testsystem

R Hass 1, TW Park-Simon 1, U Hille 1, S Kundu 1, L Makowski 1, P Hillemanns 1
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Hannover, Deutschland

Zielsetzung: Brustkrebserkrankungen lassen sich häufig nicht mit standardisierten Schemata suffizient austherapieren. Chemotherapeutisch induzierte Störungen der Gewebshomöostase und des metabolischen Gleichgewichts können extreme Nebenwirkungen und Kollateralerkrankungen hervorrufen, sodass gezieltere Therapieansätze auf individueller Basis wünschenswert wären.

Materialien und Methoden: Tumorstückchen aus Brustkrebsbiopsien wurden in Primärzellmedium kultiviert. Die nach ca. 3–4 Wochen auswachsenden Primärkulturen wurden dann nach unterschiedlichen Kriterien charakterisiert:

  • Morphologie (Licht- und Elektronenmikroskopie, HE- und Pappenheimfärbung)

  • Zytokeratinexpression (Nachweis über Durchflusscytometrie und Immunfluoreszenz)

  • Hormonrezeptorexpression durch DNA-Microarrays

  • Autonome Proliferation durch Zellzyklusanalyse und Telomeraseassay, Alterungsassay mit SA-ß-gal

  • Individuelle Reaktion nach Behandlung mit verschiedenen Chemotherapeutika einzeln oder in Kombination im fluorimetrischen ATP-Chemosensitivitätsassay

Ergebnisse: In einem patentierten Verfahren konnten aus proteasefreier Kultivierung von Tumorstückchen Brusttumorzellen länger als 2 Jahre angezüchtet und vermehrt werden. Funktionell zeigten die Brustkrebszellen eine starke Expression von Muc-1, keine alterungsassoziierte SA-β-gal Expression und eine deutlich detektierbare Telomeraseaktivität. Ebenso zeigten die Brustkrebszellen deutliche Unterschiede gegenüber verschiedenen Chemotherapeutika im Vergleich zu normalen Brustepithelzellen oder der hoch-metastasierenden Brustkrebszelllinie MDA-MB-231.

Zusammenfassung: Gezielte Therapieanforderungen ergeben sich angesichts der Diversität der Brustkrebszellen, die durch Metastasierung und damit der Veränderung der ursprünglichen zellbiologischen Eigenschaften des Primärtumors noch potenziert werden. Die Resultate zeigen die erfolgreiche Anreicherung von Epithelzellen mit tumorigenen Eigenschaften aus individuellen Brustkrebsbiopsien. Diese Technologie bietet daher für die Patientin den Vorteil der Entwicklung individueller Therapieschemata. Darüber hinaus würde die Optimierung dieser Methode für den pharmazeutischen Bereich eine primärkulturbasierte Screening-Plattform bieten zur Identifizierung von brustkrebsspezifischen Biomarkern und zum Testen neuer Therapeutikagruppen und Therapeutikaresistenzen.