RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0030-1261621
Qualität der Versorgung von Früh- und Neugeborenen in Baden-Württemberg: ein Vergleich zwischen 2004 und 2008
Hintergrund: Am 1. Januar 2006 trat die „Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen“ in Kraft. Seither wurden weitere Strukturveränderungen für den Bereich der Neonatologie vom Gemeinsamen Bundesausschuß (G-BA) beschlossen. Die Auswirkungen der G-BA-Beschlüsse auf die Versorgungsqualität von Früh- und Neugeborenen sind bisher nicht bekannt. Deshalb wurde untersucht, ob bezüglich neonataler Mortalität und Morbidität Unterschiede zwischen den Jahren 2004 und 2008 nachweisbar sind. Fragestellung: Können die Strukturveränderungen und die Einführung von bedeutsamen Mindestmengen das Überleben von Früh- und Neugeborenen verbessern? Material und Methoden: Die Angaben aller baden-württembergischen Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin in der Neonatalerhebung und im Internet zu Mortalität und Morbidität wurden mit dem Ziel erfasst, die Veränderungen zwischen 2004 (vor den G-BA-Beschlüssen) und 2008 (nach den G-BA-Beschlüssen) zu ermitteln. Darüber hinaus wurden für 2008 die Daten der „größeren“ Zentren (>50 FG unter 1.500g pro Jahr) denjenigen der „kleineren“ Abteilungen (<50 FG unter 1.500g pro Jahr) gegenübergestellt. Ergebnisse und Diskussion: Die Sterblichkeit aller Früh- und Neugeborenen nahm zwischen 2004 und 2008 von 0,19% auf 0,15% ab. Die Mortalitätsrate von Frühgeborenen unter 1.500g Geburtsgewicht ist in der Neonatalerhebung Baden-Württemberg von 2004 auf 2008 signifikant gesunken (8,3% vs. 5,9%). Bezüglich der Häufigkeit einer maschinellen Beatmung, IVH, PVL und ROP zeigten sich keine Unterschiede. Somit war die rückläufige Mortalität nicht mit einem Anstieg der Morbidität verbunden. Ein Vergleich der Mortalitätsraten aller Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1.500g zwischen „größeren“ und „kleineren“ Abteilungen zeigte für 2008 eine signifikant niedrigere Sterblichkeit in den kleineren Abteilungen (7,3% vs. 4,1%). Neben dem technischen und medizinischen Fortschritt ist davon auszugehen, dass sich die verbesserten strukturellen Bedingungen aufgrund der G-BA-Beschlüsse positiv ausgewirkt haben. Entgegen der Ergebnisse früherer Publikationen sind die Rohdaten der „kleineren“ Abteilungen günstiger als diejenigen der „größeren“ Einheiten. Somit bestehen weiterhin erhebliche Zweifel, ob die Einführung von Mindestmengen in der Neonatologie auch die Ergebnisqualität verbessern kann. Mit einer weiteren Konzentration würde die flächendeckende FG-Versorgung gefährdet werden. Die Größe einer neonatologischen Abteilung stellt allein noch kein Qualitätsmerkmal dar. Die Leistungsfähigkeit eines Perinatalzentrums kann nur dann zuverlässig beurteilt werden, wenn die Daten aus der Neonatal- und Perinatalerhebung zusammengeführt werden. Schlussfolgerung: Es ist fraglich, ob eine weitere Regionalisierung bzw. Erhöhung von Mindestmengen in der Neonatologie geeignete Instrumente zur Verbesserung der Versorgungsqualität sind. Auf keinen Fall sollte die bisher erfolgreiche und flächendeckende Versorgung der Früh- und Neugeborenen in Baden-Württemberg gefährdet werden.