Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0030-1261580
Der zweite Fall in der Literatur mit partieller Trisomie 6p21-pter und partieller Monosomie 20p13-pter. Beschreibung eines distinkten Phänotyps
Hintergrund: Balancierte Chromosomenstörungen sind für den jeweiligen Träger meist harmlos und bleiben ohne Auswirkungen auf die Gesundheit. Durch die unbalancierte Weitergabe der Chromosomen in den Keimzellen besteht ein hohes Risiko für eine Fehl-/Totgeburt oder die Geburt eines behinderten Kindes. Eine Vorhersage über den Grad der geistigen oder körperlichen Behinderung ist oft schwierig. Nach Breuning et al. 1977 (Hum Genet. 1977 38:7–13) berichten wir über den zweiten Fall einer partiellen Trisomie 6p21-pter mit partieller Monosomie 20p13-pter nach unbalancierter Weitergabe einer familiären Translokation t(6;20)(p21;p13). Fall: Unser Fall war das erste Kind einer 28-jährigen Mutter, Gravida 5, Para 1, Aborte 4. Es handelt sich um ein männliches Frühgeborenes mit 31+6 SSW, 1490g GG (20 P), 42cm KL (30 P), 28,5cm KU (15 P). Die Entbindung erfolgte mittels Sektio bei vorzeitigem Blasensprung und vorzeitiger Wehentätigkeit. Pränatal wurde aufgrund der auffälligen Eigen- und Familienanamnese und bekannter mütterlicher Translokation t(6;20)(p21;p13) eine fetale Chromosomenanalyse aus Fruchtwasser durchgeführt. Diese ergab die Diagnose einer partiellen Trisomie 6p21-pter mit partieller Monosomie 20p13-pter beim Feten. Nach der Geburt zeigten sich folgende Auffälligkeiten: reduzierte Bewegungsanstrengung und schlecht auslösbare Neugeborenenreflexe, prominente Stirn, flaches Hinterhaupt, große Fontanellen, weite Sagittalnaht, eng stehende Augen, Blepharoptose und Blepharophimose, hoher Nasenrücken, langes Philtrum, tief sitzende Ohren, Sakralgrübchen, kleiner ASD und V.a. okulokutanen Albinismus. Phänotypische Überschneidung: Da die phänotypische Beschreibung im aktuellen Fall im Neugeborenenalter mit korrigiert 35 SSW erfolgte, ist der Vergleich der klinischen Symptome zu dem von Breuning et al. 1977 beschriebenen Fall eingeschränkt. Trotzdem zeigt unser Fall bereits in diesem frühen Entwicklungsstadium etliche phänotypische Überschneidungen zu dem zuvor berichteten Fall. Diese sind im Einzelnen: neurologisch auffälliger Befund, prominente Stirn, flaches Hinterhaupt, große Fontanellen mit weiter Sagittalnaht, eng stehende Augen, Blepharoptose und Blepharophimose, hoher Nasenrücken, tief sitzende Ohren, sakrales Grübchen, ASD.
Das von Breuning et al. 1977 beschriebene Mädchen verstarb mit zwei Jahren und acht Monaten an einer Pneumonie. In der anschließenden Autopsie fanden sich weitere Auffälligkeiten: ASD, VSD, bikuspide Aorten- und Pulmonalklappe, bi-lobuläre rechte Lunge, kleine Nieren mit lokalen Anzeichen einer chronischen Glomerulonephritis, chronische Meningitis mit Fibrosierung und Anzeichen eines Hydrozephalus internus mit Enzephalomalazie. Schlussfolgerung: Die Beschreibung des Phänotyps und die Erstellung einer Symptomsynopsis erlauben im Falle seltener aber identischer Chromosomenstörungen eine Aussage über den klinischen Verlauf und über das Symptomspektrum bei einer Wiederholung in zukünftigen Schwangerschaften.