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DOI: 10.1055/s-0030-1261429
Fulminanter Verlauf einer H1N1-Virus-Infektion mit Multiorganversagen und mehrwöchigem Organersatz von Herz, Lunge und Nieren
Einleitung: Die H1N1 Pandemie betrifft überwiegend Kinder und Erwachsene vor dem 65. Lebensjahr. Nach Auswertung australischer Netzwerkdaten der dortigen Intensivstationen lag die Sterblichkeit der 722 Patienten bei 14%. Unter den 68 mit ECLS (extracorporal life support) behandelten Patienten betrug sie lediglich 21%. Fallbeschreibung: In der Universitätsklinik Freiburg wurde ein zuvor gesundes 5-jähriges Mädchen (23kg KG) mit dreitägiger Fieber- und Infektanamnese mit Somnolenz aufgenommen. DD wurde eine Enzephalitis ausgeschlossen. Nach zunächst stabiler Kreislaufsituation unter Volumensubstitution manifestierte sich das Bild einer foudroyanten Myokarditis mit akutem zirkulatorischem Schock, Laktat 11,3mmol/l, proBNP 6220 pg/ml, CK 4114U/l, CK-MB 194U/l. Der Kreislauf konnte trotz maximaler medikamentöser Unterstützung nicht mehr aufrecht erhalten werden, es erfolgte die Implantation der ECLS unter 30-minütiger Herzdruckmassage, medianer Sternotomie und thorakaler Kanülierung. H1N1 wurde mittels PCR im Rachenabstrich nachgewiesen und für 10 Tage mit dem Neuraminidasehemmer Zanamivir iv. behandelt. Ab dem 3. Tag war keine Virusausscheidung mehr nachweisbar. Die Myokardbiopsie zeigte eine schwerste zytokininduzierte Myokarditis ohne persistierende Virusreplikation im Gewebe, wie es auch bei der saisonalen Influenza-Myokarditis bekannt ist. Unter ECLS und CVVH bei Anurie erholte sich die Lungenfunktion. Nach 3 Tagen ECLS machten vermehrte Blutungskomplikationen bei fehlender myokardialer Erholung (proBNP >80.000 pg/ml, CK 282.660U/l) eine operative Umkanülierung zur kardialen Langzeitunterstützung mittels BerlinHeart®, einem biventrikulären pneumatisch pulsatilen Assist Device, notwendig. Bei noch nicht ausreichender Lungenfunktion wurde ein Oxygenator in den Auslass der rechten Kammer für 2 Tage zwischengeschaltet. Nach insgesamt 21 Tagen mechanischer Kreislaufunterstützung konnte erfolgreich von dem BerlinHeart® entwöhnt werden. Lunge, Herz- und Leberfunktion haben sich gut erholt. Residual besteht nach 8 Wochen noch eine Niereninsuffizienz und die beginnende Erholung von einer Critical Illness Polyneuropathie.
Schlussfolgerung: Schwere Verläufe der H1N1-Influenza mit Myokardversagen und ARDS und ECLS- und Kunstherz-Notwendigkeit sind auch in den nächsten Monaten der Pandemie noch zu erwarten, deshalb sollten die Impfungen im Kindesalter konsequent erfolgen. Unser Fall belegt, dass grade bei zuvor gesunden Kindern ohne vorbestehende Co-Morbidität, mit perspektivisch voll reversiblem Krankheitsbild der wochenlange Einsatz von ECLS und BerlinHeart® zum Überleben der Kinder beitragen kann. Ein gut funktionierendes Netzwerk ist nötig, damit ECLS-Plätze bei foudroyantem Verlauf schnell genug erreicht werden können.
Lit.: Extracorporeal Membrane Oxygenation for 2009 Influenza A(H1N1) Acute Respiratory Distress Syndrome, JAMA. 2009;302:1888–1895