Klin Padiatr 2010; 222 - GNPI_FV_57
DOI: 10.1055/s-0030-1261383

Langzeitergebnisse nach Carotisrekonstruktion, strukturelle Hirnveränderungen und neurologische Entwicklung nach ECMO-Therapie bei Neugeborenen mit kongenitaler Zwerchfellhernie

K Zahn 1, S Maier 1, T Schaible 2, K Reinshagen 1, LM Wessel 1
  • 1Kinderchirurgie, Universitätsmedizin Mannheim, Mannheim
  • 2Kinderklinik, Klinikum Mannheim, Mannheim

Hintergrund: Die extracorporale Membranoxygenierung (ECMO) beim respiratorischen Versagen des Neugeborenen ist eine invasive Therapie mit schwerwiegenden Komplikationen wie intracerebraler Blutung oder Ischämie nach Kanülierung der Arteria carotis communis.

Fragestellung: Im Rahmen dieser propspektiven Studie wurde die Überlebensqualität von Kindern mit kongenitaler Zwerchfellhernie nach ECMO-Therapie evaluiert.

Material und Methoden: Im Rahmen unseres standardisierten Nachsorgeprogrammes erfolgt eine regelmäßige Verlaufskontrolle. Im Alter von 2 Jahren wird auch ein Schädel-MRT zur Detektion cerebraler Veränderungen und zur Evaluation des Gefäßstatus nach Carotisrekonstruktion durchgeführt. Initial erfolgte ein MRT bei allen Kindern, mittlerweile nur noch bei Patienten nach ECMO-Therapie. Dies erlaubt eine Auswertung von Kindern mit derselben Grunderkrankung im Hinblick auf den Einflussfaktor ECMO-Therapie.

Ergebnisse: Von den 64 Patienten mit MRT-Kontrolle im Alter von 2 Jahren waren 50 ECMO-Patienten, die Kontrollgruppe ohne ECMO-Therapie umfasste 14 Kinder. Die mediane ECMO-Dauer betrug 8 Tage [4d; 15d]. Bei 41 Neugeborenen wurde die Arteria carotis zum Zeitpunkt der Decanülierung rekonstruiert. Nach zwei Jahren war eine sekundäre Okklusionsrate von 53,7% nachweisbar. Eine längere ECMO-Dauer war mit einer höheren Komplikationsrate nach Carotisrekonstruktion assoziiert. Hirnveränderungen (erweiterte Liquorräume, Blutungs- und Infarktresiduen) fanden sich ausschließlich in der ECMO-Gruppe (64%). Klinisch zeigten 15/64 Patienten eine leichte Entwicklungsverzögerung; hierunter waren auch 2 Kinder aus der Kontrollgruppe. Eine schwere psychomotorische Retardierung wurde ausschließlich in der ECMO-Gruppe nach stattgehabter intracranieller Blutung oder Infarzierung beobachtet (9/50 Patienten). Strukturelle Hirnveränderungen wurden bei 2/3 der Patienten auf der Gegenseite der arteriellen Kanülierung festgestellt. Insgesamt zeigten 80% der Kinder eine normale oder leicht retardierte psychomotorische Entwicklung nach neonataler ECMO-Therapie, obwohl in 64% strukturelle Hirnveränderungen MR-morphologisch nachgewiesen werden konnten. Die Dauer der ECMO-Therapie (p<0,0005) und das männliche Geschlecht (p=0,0051) waren statistisch signifikante Risikofaktoren für Hirnveränderungen. Für Gestationsalter, Geburtsgewicht und Seite der kongenitalen Zwerchfellhernie konnte kein Einfluss nachgewiesen werden. Das relative Risiko für Hirnveränderungen war für Jungen im Vergleich zu Mädchen doppelt so hoch (RR=2,0 [1,14; 3,52]).

Schlussfolgerung: Insgesamt konnten wir bei Patienten mit kongenitaler Zwerchfellhernie und der Notwendigkeit zur ECMO-Therapie eine Langzeitprognose mit Lebensqualität beobachten. Eine schwerwiegende psychomotorische Retardierung findet sich nach cerebralen Einblutungen oder Infarkten (22%). Außerdem zeigte sich, dass das Risiko für Hirnveränderungen und Komplikationen nach Carotisrekonstruktion mit der Dauer der ECMO-Therapie steigt sowie bei Jungen signifikant erhöht ist. Trotz der hohen Re-Okklusionsrate zeigte sich für die Rekonstruktion der Arteria carotis im Vergleich zu Patienten mit primärer Ligatur ein positiver Effekt auf nachweisbare Hirnveränderungen und die neurologische Entwicklung.