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DOI: 10.1055/s-0030-1254955
Freeman-Sheldon-Syndrom – Kasuistik
Hintergrund: Beim Freeman-Sheldon Sydrom (Craniocarpotarsale Dysplasie, whistling face Syndrom) handelt es sich um eine seltene, meist autosomal-dominant vererbbare Genmutation, die jedoch auch jederzeit als Spontanmutation erstmals in einer Familie auftreten kann. Diese Mutation verursacht Veränderungen im embryonalen Myosin (Heavy Chain MYH3) und bedingt Schädigungen der Muskulatur des Feten. Durch die Fehlfunktion der Myosinköpfchen kommt es zu Fehlstellungen und Bewegungseinschränkungen der betroffenen Gelenke. Charakteristisch sind weiters Anomalien des Gesichtsschädels mit eingesunkenen Augen, Ptosis, kleiner Nase und kleinem „pfeifendem Mund“. Die kognitive Entwicklung und die Intelligenz sind durch dieses Syndrom nicht beeinträchtigt.
Fall: 25-jährigen IG/0P die zur Abklärung eines Polyhydramnions in der rechn. 35. SSW zur erweiterten Sonografie vorgestellt wird. Es zeigen sich neben dem Polyhydramnion multilpe Fehlbildungen: Ausgeprägte Retrognathie mit auffälliger Oberlippe, fehlende Atembewegungen, Klumpfüße, Megacisterna magna. Es wird eine Entlastungspunktion durchgeführt. Die Chromosomenanalyse ergibt einen unauffälligen männlichen Karyotyp.
Verlauf: Aufgrund der zu erwartenden problematischen Atemwegssituation bei Mikro-Retrognathie und fehlenden Zwerchfellbewegungen mit Polyhydramnion wird eine elektive Sectio in der 37+3 SSW mit EXIT-Manöver und HNO-Stand-by geplant. Intrapartal bestätigt sich die schwere Gesichtsanomalie, eine Intubation ist nur mit dem starren Bronchoskop möglich. Die molekulargenetische Abklärung ergibt eine Mutation in Exon 5 des MYH3-Gens in heterozygotem Zustand, somit ein Freeman-Sheldon-Syndrom. Die weitere kindliche Entwicklung ist geprägt durch die Notwendigkeit eines permanenten Tracheostomas und die wesentliche körperliche Behinderung durch die Arthrogyposis multiplex. Beides bedingt eine Dauerhafte intensive Physio- und Ergotherapie. Eine intelektuelle Beeinträchtigung besteht zum heutigen Zeitpunkt nicht. Schlussfolgerung: Bei aufgrund von pränatal diagnostizierten Fehlbildungen mit zu erwartender behinderten Atemwegen stellt das EXIT Manöver die Entbindungsmethode der Wahl dar.