Geburtshilfe Frauenheilkd 2010; 70 - P22
DOI: 10.1055/s-0030-1254938

Misoprostol zur Geburtseinleitung bei intrauterinem Fruchttod im 2. und 3. Trimester

E Magnet 1, W Schöll 1, W Walcher 1, U Lang 1
  • 1Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Medizinische Universität Graz

Hintergrund:„Jede Geburtseinleitung erfordert eine kritische und individuelle Risiko-Nutzen-Analyse, die die zugrunde liegende Schwangerschaftspathologie, einleitungsspezifische Risikofaktoren und die individuelle Einstellung der Schwangeren zu berücksichtigen hat.“ [1] Die Geburtseinleitung bei intrauterinem Fruchttod (IUFD) nimmt somit eine Sonderstellung ein, da es einerseits gilt der besonderen, psychisch belasteten Situation der Patientin Rechnung zu tragen, andererseits soll es möglichst schonend und effizient zu einer Geburt kommen, um eine potentiell lebensgefährliche Gerinnungsstörung zu vermeiden. An unserer Abteilung kommt seit Mitte der 90er Jahre Misoprostol zur Geburtseinleitung bei IUFD zur Anwendung, in dieser Zeitperiode wurden 261 Frauen mit IUFD betreut. Misoprostol, ein Prostaglandin-E1-Derivat, kommt in der Geburtshilfe weltweit zum Einsatz, für die Anwendung in der Schwangerschaft gibt es jedoch keine offizielle Zulassung. Zusätzlich wird eine supportive Begleitung angeboten, großzügige Analgetikagabe sowie Periduralanästhsie, psychologische Betreuung, Betreuung im Einzelzimmer mit der Möglichkeit der ständigen Anwesenheit des Partners bzw. einer Vertrauensperson. Lange Zeit wurden Misoprostoldosen von 400µg s.l. oder 600µg vaginal verwendet. Unserer Erfahrung nach waren auch diese vergleichsweise hohen Dosen eine effektive und gut tolerierte Therapie um eine spontane Geburt einzuleiten. Rezente Fachliteratur befürwortet jedoch wesentlich niedrigere Misoprostoldosen adaptiert an das jeweilige Gestationsalter um eine uterine Hyperstimulation zu vermeiden. Zu Beginn 2009 änderten wir unser Management der Geburtseinleitung bei IUFD in folgendes Therapieschema: 13–17 SSW s.l., p.o. oder vaginal Misoprostol 200µg alle 6h; bei Therapieresistenz, nach etwa 12–24h Verdoppelung der Dosis auf Misoprostol 400µg alle 6h, 18–26 SSW s.l., p.o. oder vaginal Misoprostol 100µg alle 6h; nach 12–24h Misoprostol 200µg alle 6h, 27–43 SSW s.l., p.o. oder vaginal Misoprostol 25µg alle 6h, nach 12–24h Misoprostol 50µg alle 6h. Methodik: Wir verglichen beide Therapieschemata bei 12 Frauen mit IUFD, gematched nach Gestationsalter und Parität. 6 Frauen wurden nach dem alten Schema mit der hohen Misoprostoldosis, 6 nach dem neuen Schema eingeleitet. Folgende Parameter wurden verglichen: Temperatur, Analgetikagabe, uterine Hyperstimulation, Zeitperiode Einleitung – Geburt. Ergebnisse: Keine Unterschiede wurden für Temperatur, Analgetikagabe und uterine Hyperstimulation gefunden, einen signifikanten Unterschied gab es in der Zeitperiode vom Zeitpunkt der Einleitung bis zur tatsächlichen Geburt (39,8h±17,2h vs. 13,6h±12,9h). Schlussfolgerung: Sowohl das Misoprostol Therapieschema der Geburtseinleitung mit den hohen Dosen als auch mit den niedrigen Dosen ist manage- und machbar, wir folgen jedoch den aktuellen ACOG Guidelines mit den niedrigen Misoprostoldosen, vor allem in Hinblick auf die steigende Anzahl an Schwangeren mit vorangegangenen Sectiones.

[1] AWMF Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften