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DOI: 10.1055/s-0030-1254509
An der Pinnwand einer Station fand ich ein Gedicht …
Publication History
Publication Date:
28 May 2010 (online)
Viel ist nun die Rede von Neuverteilung der Aufgaben, Einbindung in Psychoedukation oder andere therapeutische Behandlungsinterventionen, um einen Beitrag zur Effektivitätssteigerung von Kliniken zu leisten: volle Wochenpläne und bisweilen etwas, was gerne auch als „therapeutischer Aktionismus” beschrieben wird. Im Ergebnis müssen wir festhalten, dass trotz allem therapeutischen Fortschritts und trotz aller Qualitätsmanagement-Programme viele unserer Patienten nicht wirklich gesund (was ist das?) werden bzw. lange mit ihren Krankheiten zu tun haben. Und hier gibt es eine Rolle von Pflege, die sich nicht wirklich gut verkaufen lässt, weil man sie nicht wirklich sehen, dokumentieren oder messen kann. Und sie passt vielleicht auch nicht so gut in die heutige Zeit.
Aber vielfach ist das Ziel in unserer Zeit eben weniger, Patienten zu therapieren, ihnen irgendetwas beizubringen oder in Gruppenprogrammen zu behandeln. Vielfach geht es um Dasein und Aushalten. Menschen auf unseren Stationen durchleben häufig schwerste Krisen und verlieren die Hoffnung, ein erfülltes Leben leben zu können. An dieser Stelle ist es eine wichtige Rolle der Pflege, stellvertretend für diese Menschen die Hoffnung zu tragen, bis der Patient dazu wieder selbst in der Lage ist. Im Englischen kennen wir hier den Begriff „Holder of hope”. Dies geht, so der Einwand einer lieben Kollegin, einher mit der Gefahr, dass auch Hoffnungsträger müde werden können, insbesondere dann, wenn es sich um chronische Erkrankungen handelt. Es dreht sich auch darum, dass die Dimension „Zeit” auf Krankheitsverlaufskurven häufig nicht mit einem Hochleistungssektor „Krankenhaus” vereinbar ist. Immer wieder aber berichten Patienten auch davon, dass es ihnen besonders gut getan hat, wenn jemand der Pflegenden sich einfach einmal an das Bett gesetzt hat, nichts gesagt hat, weil es nichts zu sagen gab, vielleicht die Hand gehalten hat, jenseits von Sprache kommuniziert hat.
An der Pinnwand einer Station für an Psychose erkrankte Menschen fand ich jenes Gedicht von Rainer Maria Rilke, welches in schwerer See ein Leuchtfeuer sein kann.