Diabetologie und Stoffwechsel 2010; 5 - P223
DOI: 10.1055/s-0030-1253951

Das „Glukosepentagon“– ein Modell zur Vereinigung der langfristigen und akuten glykämischen Einstellung

A Thomas 1, M Schönauer 2, O Schnell 3, M Hanefeld 4, HJ Ziegelasch 5, L Heinemann 6
  • 1Medtronic GmbH, Stadt, Germany
  • 2Diabetes Schwerpunktpraxis, Leipzig, Germany
  • 3Sciarc GmbH, Pullach, Germany
  • 4Zentrum für Klinische Studien, GMT-TUD GmbH, Dresden, Germany
  • 5Klinik Malchower See GmbH, Malchow, Germany
  • 6Profil Institut für Stoffwechselforschung GmbH, Neuss, Germany

Fragestellung: Die Stoffwechselgüte von Diabetespatienten wird beurteilt mit punktueller Blutglukoseselbstmessung, der Messung des HbA1c-Wertes sowie der Hypoglykämierate. Diese liefern aber keine Angaben zur glykämischen Variabilität (GV), die nach diversen klinisch-experimentellen Untersuchungen massiven Anteil an der Entwicklung von diabetischen Folgeerkrankungen (DFE) haben soll. Die detaillierte Analyse des Glukoseverlaufs und der GV ist mithilfe des kontinuierlichen Glukosemonitorings (CGM) möglich, erfordert aber Erfahrung. Es gibt bisher auch noch keine Untersuchungen der dabei ermittelten Parameter in Korrelation zur Entwicklung von DFE. Ziel unseres Modells ist es, dem Therapeuten anhand einer Kombination relevanter Parameter einen Gesamtwert an die Hand zu geben, der die fundierte Einschätzung des therapeutischen Erfolges erlaubt.

Methode: Das „Glukosepentagon“ kombiniert Parameter der langfristigen (HbA1c) und aktuellen Glykämie (ermittelt mit CGM: Glukosemittelwert (MW), dessen Standardabweichung (SD), Fläche unter der Kurve für Werte >160mg/dl (AUC), Zeit pro Tag im Bereich >160mg/dl). Die fünf Parameter bilden die 5 Achsen eines Pentagons. Skaliert sind sie für Patienten mit Typ-1-Diabetes anhand von Studiendaten (DCCT, ADAG, Monnier, Picconi). Diese Parameter ergeben für jeden Patienten eine fünfeckige Fläche, wobei deren Form individuell erheblich variieren kann. Die Größe der Fläche steigt an je höher die Werte sind und wird ins Verhältnis gesetzt zu der Fläche, die sich bei stoffwechselgesunden Personen ergibt. Diese Rechnung liefert einen dimensionslosen Wert (Glykämischer Risikoparameter (GRP)), der eine Aussage für die Entwicklung von DFE liefern soll und dabei auch die GV berücksichtigt. Der Vergleich sukzessiv bei einem Patienten ermittelter GRP's ermöglicht es auch zeitnah den Erfolg einer therapeutischen Intervention zu erkennen.

Ergebnisse: Zur Evaluierung dieses neuartigen Modells ist eine langfristig angelegte klinische Studie notwendig. Die Analyse von Patientenbeispielen zeigt aber schon die Korrelation von aktuellen Daten mit dem durch langjährige Betreuung in einem Diabeteszentrum bekannten Krankheitsverlauf. Bei einer Patientin (Alter 49 Jahre, Diabetesdauer 40 Jahre, CSII) mit Retinopathie, Nephropathie und peripherer Neuropathie ergaben sich mit MWGlukose: 219mg/dl, SDGlukose: 45mg/dl, AUC >160mg/dl: 63mg/dl x Tag, Zeit/Tag>160mg/dl: 1237min und HbA1c 7,5% im Glukosepentagon ein GRP von 4,52. Patienten ohne DFE zeigen dagegen GRP-Werte zwischen 2 und 3. Weitere Beispiele werden vorgestellt.

Schlussfolgerung: Die Kombination verschiedener Parameter zur Beschreibung der Stoffwechselgüte liefert (vermutlich) mehr Aussagen zur Diabetesprognose als der HbA1c. Der GRP gibt dafür einen konkreten Zahlenwert an. Aus der Form des Glukosepentagons lassen sich weiterhin detaillierte Einsichten für den jeweiligen Patienten ableiten. Langfristige Studien zur Evaluierung des Modells sind zurzeit in Vorbereitung.