Diabetologie und Stoffwechsel 2010; 5 - P201
DOI: 10.1055/s-0030-1253929

Schwangerschaftsverlauf unter Behandlung mit dem Somatostatinanalogon Ocreotide bei persistierendem congenitalem Hyperinsulinismus

B Ruh 1, U Karck 2, G Pöpperl 3, K Mohnike 4, R Lobmann 1
  • 1Klinikum Stuttgart, Medizinische Klinik 3, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Geriatrie, Stuttgart, Germany
  • 2Klinikum Stuttgart, Frauenklinik, Stuttgart, Germany
  • 3Klinikum Stuttgart, Nuklearmedizinische Abteilung, Stuttgart, Germany
  • 4Universität Magdeburg, Abteilung Kinderheilkunde, Magdeburg, Germany

Wir berichten über eine 27-jährige Frau, die während ihrer Schwangerschaft mit Ocreotide s.c. kontinuierlich behandelt wurde.

Aufgrund eines kongenitalen Hyperinsulinismus wurde die Patientin seit ihrer Geburt mit Diazoxid therapiert. Bei unzureichender Selbstkontrolle durch Blutzuckermessung, die Patientin besaß anfangs kein eigenes Blutzuckermessgerät, bestand gleichzeitig eine Hypoglycämiewahrnehmungsstörung. Der letzte hypoglycämiebedingte generalisierte Krampfanfall war 2004. Die Tagesdosis von Diazoxid betrug vor der Schwangerschaft 450mg. Die Mutter der Patientin war ebenfalls an einem kongenitalen Hyperinsulinismus erkrankt und nach einer partiellen Pankreatektomie beschwerdefrei. Aus Angst vor einem Insulinmangel hatte die Patientin bisher eine Operation abgelehnt.

Erstmals sahen wir die Patientin in der 6. Woche ihrer ungeplanten Schwangerschaft. Die Behandlung mit Diazoxid war wegen Kontrainidkation in der Schwangerschaft beendet. Um überhaupt die Blutzuckerwerte zu stabilisieren, musste zusätzlich zur Nahrung 100ml Glc 10% pro Stunde infundiert werden. Als einzige therapeutische Alternative sahen wir eine Oceotidebehandlung. Als Medikamentenpume wurde die CADD legacy, Modell 6300 eingesetzt Eine Dosis von 1440µg/Tag, 60µg/Stunde wurde benötigt. Eine Katheterverstopfung löste prompt eine schwere Hypoglycämie aus. Die Patientin musste tagsüber alle 2 bis 3h eine kleine Mahlzeit, möglichst mit komplexen Kohlenhydraten zu sich nehmen. Zur weiteren Verlangsamung der Kohlenhydrtatresorption wurde 1 Eßlöffel Stärke zu jeder Mahlzeit eingenommen. Auch in der Nacht konnte die Nahrungsaufnahme nich länger als 3 bis 4 Stunden pausiert werden.

Vor der Oceotidbehandlung waren die Insulin- und C-Peptidspiegel in Korrelation zum Bluzuckerwert höher. (vor Behandlung: BZ 45mg/dl, Insulin 34 mU/l, C-Peptid 3,34ng/ml, unter Behandlung BZ 40mg/dl, Insulin 7,5 mU/l, C-Peptid 0,97ng/ml). Zu Beginn der Therapie konnte eine leichte Supression von Somatomedin C gemessen werden (74,1ng/ml).

Die Schwangerschaft wurde entsprechend einer Hochrisikoschwangerschaft gynäkolgisch betreut. Eine Amniocentese war von der Patientin nicht gewünscht. Ultraschallkontrollen zeigten ein SGA (small for gestational age) jedoch mit kontinuierlichem Wachstum. In der 36 Woche wurde ein Mädchen mit einem Geburtsgewicht von 2420g und einer Größe von 47cm durch Kaiserschnitt entbunden. Das Neugeborene war ebenfalls an einem kongenitalem Hyperinsulinismus erkrankt.

Nach der Entbindung wurde bei der Patientin ein 18F-Dopa-PET/CT durchgeführt. Eine geringe fokale F-Dopa-Mehranreicherung wurde im Processus uncinatus gefunden. Auch wenn wir eher von einer diffusen Form des kongenitalen Hyperinsulinämie ausgehen, haben wir der Patientin zu einer Linksseitenresektion des Pankreas geraten.