Diabetologie und Stoffwechsel 2010; 5 - P178
DOI: 10.1055/s-0030-1253906

Können Komplikationen bei Langzeitdiabetikern durch den Versuch einer späten optimalen Behandlung verhindert werden?

A Thomas 1, B Schaffirus 2, B Hahn 2, HJ Ziegelasch 3
  • 1Medtronic GmbHGmbH, Meerbusch, Germany
  • 2Helios Kliniken Schwerin, Innere, Schwerin, Germany
  • 3Klinik Malchower See, Innere, Malchow, Germany

Fragestellung: Nach den letzten großen veröffentlichten Studien ADVANCE und ACCORD ist vorrangig für die Verhinderung der Komplikationsentwicklung bei Diabetikern die primäre Diabeteseinstellung nach der Manifestation. Es besteht ein so genanntes Diabetesgedächtnis, das entscheidend für die zukünftige Comorbidität des Patienten ist. Da entsprechende Langzeituntersuchungen selten sind, interessiert, was mit dem Versuch einer optimalen Therapie erreicht werden kann. Wir stellen die Ergebnisse unserer Stoffwechsel-Ermächtigungsambulanz vor.

Methodik: 185 Patienten (89w,96m; 110 Typ-1 und 75 Typ-2-Diabetiker; Alter 54,7±14,3Jahre; Diabetesdauer 23,2±12,8Jahre, Typ-1 27,0±13,3, Typ-2 17,5±9,4; Einstellung Typ-1:26 ICT,84 CSII, Typ-2: 7OAD,3BOT,45ICT,20CSII) wurden in unserer Ambulanz 11,4±6,3Jahre behandelt. Wir bemühten uns, bei den überwiesenen Patienten durch eine leitliniengerechte Erreichung der Therapieziele mikro-und makroangiopathische Komplikationen zu verhindern. Die durchschnittliche Sprechstundenzeit betrug 20 Minuten, eine strukturierte Schulung erfolgte alle 4 Jahre. Die Komplikationsabklärung erfolgte mit sämtlichen heute zur Verfügung stehenden Methoden.

Ergebnisse: HbA1c-Abfall in Ermächtigungsambulanz von 7,8±1,6 auf 6,5±0,8% (Typ-1 7,9±1,7 auf 6,7±0,9; Typ-2 von 7,6±1,6 auf 6,2±0,7).

Aktuelle Parameter: LDL-C:HDL-C=1,6 (Typ-1 1,5; Typ-2 1,8); TG 1,5±1,7mmol/l (Typ-1 0,9±0,5; Typ-2 2,3±2,3); Fibrinogen 3,3±0,8g/l (Typ-1 3,2±0,7; Typ-2 3,6±0,9); Homozystein 11,8±4,0µmol/l (Typ-1 10,6±3,6; Typ-2 13,6±3,9); Kreatinin 96,0±42,3µmol/l (Typ-1 87,5±23,7; Typ-2 108,5±57,7); Albuminausscheidung 10,±27,4mg/l (Typ-1 6,1±5,4; Typ-2 16,6±41,8); hsCrP 2,2±1,8mg/l (Typ-1 1,7±1,3; Typ-2 3,0±2,1); 24-Std.-Blutdruck 118,2±10,0/66,7±6,7mmHg (Typ-1 116,3±9,7/ 66,9±6,5; Typ-2 120,9±9,9/66,4±7,0); BMI 29,5±0,2 (TU 96,1±15,5cm; Gewichtszunahme während Betreuung in Ermächtigungsambulanz 9,5±9,0kg).

Komplikationen: KHK 19,5% (Typ-1 6,4; Typ-2 38,7); Apoplexie 1,1% (Typ-2); Karotis-Plaques 55,7% (Typ-1 37,3; Typ-2 82,7); paVK 43,8% (Typ-1 31,8; Typ-2 61,3); per. Neuropathie 50,8% (Typ-1 46,4; Typ-2 57,3); kardiale Neuropathie 23,8% (Typ-1 25,5; Typ-2 21,3); Retinopathie 58,9% (Typ-1 64,5; Typ-2 50,7); Makulopathie 15,7% (Typ-1 13,6; Typ-2 18,7); diabetische Nephropathie 36,2% (Typ-1 34,5; Typ-2 38,7%); rez. Harnwegsinfekte bzw. Nephrolithiasis 39,5% (Typ-1 35,5; Typ-2 45,3).

Schwere Hypos spielten keine Rolle.

Schlussfolgerungen:

  • Auch 10 Jahre nach Diabetesmanifestation ist überwiegend eine gute Diabeteseinstellung möglich

  • Mit häufigen Schulungen und den heute vorhandenen Medikamenten können meist die Zielstellungen der Leitlinien unserer Gesellschaft erreicht werden. Problematisch ist allerdings die Gewichtszunahme.

  • Auch nach 27-jähriger Diabetesdauer hatten die Typ-1-Diabetiker erstaunlich wenig makroangiopathische Komplikationen.

  • Der Typ-2-Diabetiker bedarf einer intensiven multifaktoriellen Therapie von der Manifestation an.