Diabetologie und Stoffwechsel 2010; 5 - P170
DOI: 10.1055/s-0030-1253898

PIOglim-Studie: Der HOMA-B-Score ist als Surrogatmarker der ß-Zellfunktion in interventionellen klinischen Studien nur bedingt verwendbar

C Hohberg 1, A Pfützner 1, L Afzal-Dekordi 1, S Dissel 1, U Lehmann 2, V Krajewski 2, W Fuchs 2, T Forst 1
  • 1IKFE – Institut für Klinische Forschung und Entwicklung, Mainz, Germany
  • 2Takeda Pharma GmbH, Aachen, Germany

Fragestellung: Der HOMA-B Score wird häufig als Surrogatmarker der ß-Zellfunktion in klinischen Studien bei Patienten mit Typ 2 Diabetes verwendet. Ziel dieser Analyse war es zu untersuchen, ob der bekannte ß-Zellschonende Effekt, der durch die zusätzliche Gabe von Pioglitazon zu Glimepirid (PIO+GLIM) erreicht wird, sich im Vergleich zu einer Erhöhung der Glimepiriddosis (GLIM+) durch entsprechende Veränderungen des HOMA-B Scores oder von anderen Biomarkern der ß-Zellfunktion darstellen lässt.

Material und Methoden: An dieser parallelen doppelblinden prospektiven Studie nahmen 82 Patienten teil (47Männer, 35 Frauen, Alter (MW±STD): 61±9J., Krankheitsdauer: 5,3±4,4J., BMI: 32,6±6,0kg/m2, HbA1c: 7,3±0,7%). Nach vorhergehender insuffizienter Monotherapie mit 1–3mg Glimepirid (über mindestens 3 Monate, HbA1c >6,5%) erfolgte eine Randomisierung zu einer PIO+GLIM Kombinationstherapie (Titrationsschritte: 30mg+2mg, 30mg+4mg, und 45mg+4mg) oder zu einer Erhöhung der Glimepiriddosis (4–6mg) für die nächsten 6 Monate. Folgende Surrogatmarker der Insulinresistenz und ß-Zellfunktion wurden zu Beginn und bei Ende der Beobachtungsdauer ermittelt: HOMA-B, HOMA-IR, HbA1c, Glukose, Insulin und intaktes Proinsulin.

Ergebnisse: Klinisch relevante Verbesserungen der Beobachtungsparameter wurden nur in der PIO+GLIM-Gruppe beobachtet (PIO+GLIM: Beginn vs. Ende: HbA1c: 7,20±0,61 vs. 6.,36±0,90%, HOMA-IR: 7,0±4,5 vs. 4,1±2,1, intaktes Proinsulin: 12,4±10,3/7,6 ±4,8pmol/l, alle p<0,05; GLIM+: HbA1c: 7,45±0,69 vs. 7,15±0,97%, p<0,05, HOMA-IR: 7,4±4,5 vs. 7,5±4,3, n.s.; intaktes Proinsulin: 17,3±21,6 vs. 16,3±15,5pmol/l, n.s.). Hingegen fand sich nur in der GLIM+-Gruppe eine Erhöhung des HOMA-B-Scores (GLIM+: 71±48 vs. 88±64, p<0,05; PIO+GLIM: 74±56 vs. 69±52 n.s.). Ein signifikante Reduktion der Anzahl der Patienten mit schwerer Insulinresistenz und hochgradiger ß-Zellfunktionsstörung wurde nur mit PIO+GLIM beobachtet (PIO+GLIM: 96% vs. 75%, p<0,05, GLIM+: 100% vs. 100%, .ns.).

Schlussfolgerungen: Die zusätzliche Gabe von Pioglitazon zu Glimepirid führte zu einer umfangreichen und klinisch relevanten Verbesserung mehrerer Indikatoren der β-Zellfunktion und glykämischen Kontrolle während keine vergleichbaren Effekte durch Erhöhung der Glimepiriddosis erzielt wurden. Lediglich der HOMA-B Score wurde durch die Glimepirid-Dosiserhöhung verbessert, was wiederum in der PIO+GLIM Kombinationsgruppe nicht zu erkennen war. Der Score wird demnach auch durch unspezifische Sekretagoga erhöht – und damit scheinbar verbessert, die die ß-Zelle in die irreversible Erschöpfung treiben und die Pathophysiologie in schädlicher Weise vorantreiben. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der HOMA-B Score als Surrogatmarker der ß-Zellfunktion in klinischen Studien mit Sulfonylharnstofftherapie zu irreführenden Ergebnissen mit anschließenden falschen Interpretationen führen könnte.