Diabetologie und Stoffwechsel 2010; 5 - P136
DOI: 10.1055/s-0030-1253865

Struktur und Qualität der pädiatrischen Diabetesversorgung 1998–2008 in Deutschland: Zentralisierung und steigende Qualifizierung bei unzureichender Finanzierung

A Gocz 1, A Neu 2 K Lange 1, im Namen der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie AGPD
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Medizinische Psychologie, Hannover, Germany
  • 2Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Tübingen, Germany

Hintergrund: Aktuelle Leitlinien (DDG, ISPAD 2009) zur pädiatrischen Diabetologie empfehlen eine integrierte ambulante und stationäre Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Typ 1 Diabetes (KuJDM) durch ein multidisziplinäres Team sowie weitere Qualitätsstandards. Im Fünfjahresrhythmus wurden seit 1998 drei bundesweite Umfragen zur Umsetzung dieser Empfehlungen durchgeführt.

Methode: Ein standardisierter Fragebogen wurde bundesweit jeweils an alle pädiatrischen stationären Einrichtungen und Diabetesschwerpunktpraxen incl. MVZ versandt. Darin wurden u.a. die personelle Ausstattung des Diabetesteams und die Zahl der stationär und ambulant behandelten KuJDM, die Schulungsangebote, die Indikationen für stationäre Aufnahmen bei Diabetes im jeweiligen Jahr, die Finanzierungsgrundlagen und weitere Aspekte der Versorgung erfragt.

Ergebnisse: Der Rücklauf zum Jahr 2008 betrug wie für die vorangehenden Untersuchungen ca. 80% (268 von 337). Davon behandelten 225 Einrichtungen KuJDM (164 ambulant und stationär, 48 nur stationär und 13 Schwerpunktpraxen nur ambulant). Diese Einrichtungen behandelten 2.534 Manifestationen und 16.827 KuJDM in ambulanter Langzeitbetreuung. Gegenüber dem Jahr 1998 haben sich diese Häufigkeiten fast verdoppelt. Es kam 2008 zu 10.633 stationären Aufnahmen von KuJDM, davon 50% zur Schulung und Therapieoptimierung, 25% nach Manifestation und 15% wegen akuter Komplikationen. Während 1998 nur 44% und 2003 64% der Manifestationen durch ein Team aus pädiatrischem Diabetologen DDG und Diabetesberaterin DDG betreut wurden, waren es 2008 bereits 72%. Ein Trend zur Zentralisierung zeigt sich dadurch, dass im Jahr 1998 65% (2003: 75%) der Manifestationen in Häusern mit mehr als 10 neu erkrankten Patienten jährlich behandelt wurden, 2008 waren es 79%. Ein vergleichbarer Trend zeigt sich für die ambulante Langzeitbehandlung: 1998 waren 71% der Kinder in Institutionen mit mehr als 60 betreuten Patienten jährlich (2003: 83%) und 2008 88% von 16.827 erfassten Patienten. Ein Ambulanzteam aus Diabetologe DDG, Diabetesberaterin DDG und weiteren Berufsgruppen behandelte 1998 insgesamt 57% der erfassten Patienten (2003: 73%) 2008 stieg der Anteil auf 81% an. Gegenüber den stationären Teams standen Diätassistenten, Psychologen und Sozialarbeiter im ambulanten Setting seltener zur Verfügung. Die unzureichende Finanzierung der ambulanten Versorgung wurde hierfür als Hauptgrund genannt. Wie in den Umfragen 1998 und 2003 ergaben sich auch 2008 deutliche Defizite in der Versorgung in Regionen mit geringer Bevölkerungsdichte, v.a. in den östlichen Bundesländern.

Schlussfolgerung: Die Qualifikation der multidisziplinären pädiatrischen Versorgung von KuJDM konnte in den letzten fünf Jahren nochmals verbessert werden, jedoch sind Initiativen zur kostendeckenden ambulanten multidisziplinären Versorgung dringend erforderlich.