Diabetologie und Stoffwechsel 2010; 5 - P92
DOI: 10.1055/s-0030-1253820

Insulin erhöht die Riechschwelle in gesunden Personen

C Ketterer 1, M Heni 1, C Thamer 1, HU Häring 1, A Fritsche 1
  • 1Medizinische Universitätsklinik Tübingen, Abteilung für Endokrinologie, Diabetologie, Nephrologie, Angiologie und Klinische Chemie, Tübingen, Germany

Fragestellung: Adipositas trägt maßgeblich zur Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2 bei. Die Nahrungsaufnahme und deren Regulationsmechanismen zu verstehen ist daher von großer Bedeutung. Bekannt ist, dass sowohl Geschmacks- als auch Geruchsinn eine wesentliche Rolle in der Nahrungszufuhr spielen – je besser etwas schmeckt und riecht, desto größer ist der Appetit darauf. Auf der anderen Seite scheint sich der aktuelle Sättigungsgrad jedoch auch auf die Riechfähigkeit selbst auszuwirken. Hormone wie Ghrelin, Leptin und Insulin signalisieren den Energiestatus des Körpers. Rezeptoren für diese Hormone wurden in verschiedenen Hirnregionen gefunden – u.a. im Riechkolben. In unserer Studie sollte nun überprüft werden, ob hohe Insulinspiegel sich direkt auf die Riechfähigkeit gesunder Probanden auswirkt.

Methodik: Um diese Hypothese zu überprüfen wurde die Riechschwelle von 8 Probanden (Alter: 34±7j, M/W: 5/3, BMI: 25±2,8kg/m2) vor und während eines 2 Stunden dauernden hyperinsulinämischen-euglykämischen Clampversuchs (1mU/kg/min) ermittelt. Zur Kontrolle wurde die Riechschwelle zur gleichen Tageszeit auch bei 8 nüchternen Probanden (Alter: 36±6j, M/W: 5/3, BMI: 23,5±3,7kg/m2) ohne Insulininfusion bestimmt. Zur Ermittlung der Riechschwelle wurde ein standardisierter Riechtest („sniffing sticks“) angewandt. Insulinsensitivität und Blutglukosespiegel wurden ebenfalls bestimmt.

Ergebnisse: Vor dem hyperinsulinämischen-euglykämischen Clampversuch lagen die Nüchterninsulinspiegel bei 49±32pmol/l. Nach 120min des Clampversuchs waren diese auf 471±31pmol/l angestiegen. Die Werte der Riechschwellenmessung lagen zu Beginn bei 7,8±1,2 und sanken während Hyperinsulinämie auf 6,2±1,1 (p=0,0173). Dies bedeutet, dass eine niedrigere Verdünnung (höhere Konzentration) benötigt wurde um den Geruch zu identifizieren. Die Riechschwelle ist im Verlauf also angestiegen. In der Kontrollgruppe waren die Nüchterninsulinspiegel 40±20pmol/l, die Riechschwelle lag zunächst bei 8,3±1,6 und hatte sich nach 120min nicht verändert (8,9±2,2, p=0,6). Es bestand kein Unterschied zwischen den Blutglukosespiegeln der Versuchs- und Kontrollgruppe.

Schlussfolgerung: Erhöhte Insulinspiegel, wie sie auch physiologisch nach einer Mahlzeit zu beobachten sind, führen zu einer Erhöhung der Riechschwelle. Insulin könnte daher die Riechfunktion im Sinne eines negativen Rückkopplungsmechanismus reduzieren und damit eine wesentliche Rolle bei der Beendigung der Nahrungsaufnahme spielen.