Diabetologie und Stoffwechsel 2010; 5 - P89
DOI: 10.1055/s-0030-1253817

Funktionsverlust der Toll-like Rezeptoren 2 und 4 schützt vor diät-induzierter cerebraler Insulinresistenz in vivo

T Sartorius 1, AM Hennige 1, SZ Lutz 1, HG Rammensee 2, HU Häring 1
  • 1Universität Tübingen, Medizinische Klinik, Innere Medizin IV, Tübingen, Germany
  • 2Universität Tübingen, Institut für Zellbiologie, Abteilung Immunologie, Tübingen, Germany

Fragestellung: Sowohl beim Menschen als auch im Tiermodell wird eine reduzierte Insulin-Signalübertragung im Zentralnervensystem als Faktor für Glukoseintoleranz und Adipositas diskutiert. Bekannt ist, dass im Prädiabetes und bei Adipositas vermehrt Resistenzfaktoren gebildet werden (z.B. freie Fettsäuren und Zytokine), die zur Entstehung einer Insulinresistenz führen. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass Signalkaskaden, in welchen Fettsäurerezeptoren wie Toll-like-Rezeptoren (TLR) involviert sind, an der Entstehung einer durch Fettleibigkeit induzierten Insulinresistenz im Gehirn beteiligt sind. An TLR2 Rezeptor Knockout-Tieren des Inzuchtstammes C3H/HeJ (TLR4-Rezeptor-defizient) wurde der Zusammenhang zwischen den TLR2-/TLR4-Signalwegen und der Insulinsignalweiterleitung im Gehirn in vivo untersucht.

Methodik: Um die Interaktion zwischen den TLR2-/TLR4-Signalkaskaden und der Insulinweiterleitung im Gehirn zu untersuchen, wurden TLR2/4 Rezeptor-defiziente Mutanten bzw. deren Wildtyp-Kontrollen über einen Zeitraum von 8 Wochen mit einer hochkalorischen Diät gefüttert, um chronisch erhöhte Fettsäurekonzentrationen und damit verbundene inflammatorische Prozesse zu induzieren. Mittels Radiotelemetrie wurden bei diesen Tieren die Gehirnströme (ECoG) als auch die lokomotorische Aktivität als Verhaltensparameter basal und nach Interleukin-6-Antikörper-Behandlung analysiert. Zudem wurde bei beiden Genotypen die proinflammatorische Interleukin-6 (IL-6) Konzentration im Serum bestimmt. Ergänzend wurde in murinen Astrozyten-Primärkulturen beider Genotypen eine quantitative Bestimmung der IL-6 mRNA-Expression durchgeführt.

Ergebnisse: Die mit hochkalorischem Futter gefütterten TLR2/4 Rezeptor-defizienten Mäuse weisen im Vergleich zu Kontrolltieren basal eine um bis zu 23% signifikant erhöhte corticale Aktivität im nieder- bis mittelfrequenten Bereich (4–12Hz) auf. Zudem bewegen sich diese Tiere in der aktiven Nachtphase signifikant mehr (21,2±1,4 vs. 9,3±0,5 counts/min, p<0,001). Durch eine 2-tägige Behandlung mit einem neutralisierenden IL-6-Antikörper lässt sich bei Kontrolltieren sowohl die basal erniedrigte corticale Aktivität als auch die lokomotorische Aktivität auf das Niveau der Mutanten bringen. Auch konnte bei Kontrolltieren unter hochkalorischer Diät basal eine erhöhte IL-6-Konzentration im Serum im Vergleich zu den TLR2/4 Rezeptor-defizienten Mäusen gemessen werden, welche sich durch IL-6-Antikörper-Behandlung reduzierte. In vitro ließ sich in murinen Astrozyten-Primärkulturen zudem eine erhöhte Insulinsensitivität des TLR2/4 Rezeptor-defizienten Genotyps bestätigen, die mit einer verminderten IL-6 mRNA-Expression einherging.

Schlussfolgerung: Unsere Daten zeigen, dass IL-6 an der Entstehung einer diät-induzierten Insulinresistenz im Gehirn beteiligt ist und neutralisierende IL-6 Antikörper dies verhindern können. Darüber hinaus scheint der protektive Effekt bei TLR2/4 Rezeptor-defizienten Mäusen durch verminderte IL-6 Spiegel bedingt zu sein.