Diabetologie und Stoffwechsel 2010; 5 - FV23
DOI: 10.1055/s-0030-1253751

Diabetesrisiko postpartum – Update der Deutschen prospektiven Gestationsdiabetesstudie

M Wallner 1, M Bunk 1, AG Ziegler 1, 2
  • 1Institut für Diabetesforschung der Forschergruppe Diabetes e.V. am Helmholtz Zentrum München, Neuherberg, Germany
  • 2Forschergruppe Diabetes der Technischen Universität München, München, Germany

Frauen mit Gestationsdiabetes (GDM) haben ein erhöhtes Risiko nach der Schwangerschaft einen manifesten Diabetes (D) zu entwickeln. Die Angaben über das Diabetesrisiko schwanken in der Literatur. Die Deutsche prospektive GDM-Studie hat zum Ziel, das Risiko eines postpartalen Diabetes (sowohl T1D als auch T2D) für Deutschland zu ermitteln. Weiterhin sollen Risikofaktoren für den T2D (d.h. Stratifizierung des Diabetesrisikos) bei Frauen mit GDM identifiziert werden.

306 Frauen nahmen an der Studie teil. Die Rekrutierung der Frauen fand während der Schwangerschaft oder bei Geburt zwischen 1989 und 1999 deutschlandweit statt. Die Patientinnen wurden postpartum in regelmäßigen Abständen nach 9 Monaten, 2, 5, 8, 11, 14 und 17 Jahren (Jhr) untersucht. Die Nachuntersuchungen der Mutter beinhalteten einen Glukosebelastungstest (OGTT), die Messung des aktuellen HbA1c und die Dokumentierung des Body Mass Index (BMI). Die Analyse des Diabetesrisikos wurde anhand von Sterbetafeln berechnet.

Die mittlere Nachbeobachtungszeit bei Frauen, die bisher noch keinen Diabetes entwickelt haben liegt bei 6,6 Jhr. Das Alter der Frauen bei Geburt des Kindes liegt im Mittel bei 31 Jhr, der mittlere BMI der Frauen vor der Schwangerschaft bei 26kg/m2 (22,72–30,73kg/m2). 144 Frauen sind bis heute an einem Diabetes postpartum erkrankt (Zeit von Entbindung bis zur Manifestation im Mittel 2,6 Jhr). Das kumulative Risiko aller Frauen an einem Diabetes zu erkranken liegt 5 Jhr postpartum bei 41,2% (95% KI 47,1–35,3%), 10 Jhr postpartum bei 55,5% (95% KI 47,7–63,3%) und 15 Jahre postpartum bei 63,9% (95% KI 56,1–71,7%). BMI, Insulintherapie während der Schwangerschaft und Inselantikörperstatus beeinflussten unabhängig das Risiko: Frauen mit einem BMI >30 versus <30 hatten ein 15-Jahresrisiko von 93,3% (95% KI 81,6–100%) gegenüber 87,3% (95% KI 75,6–99%) (p<0,001). Bei Frauen, die während der Schwangerschaft mit Insulin behandelt werden mussten, lag das 15 Jahresrisiko bei 77,6% (95% KI 54,1–100%) gegenüber den Frauen, die mit Diät behandelt waren (29,1% (95% KI 17,4–40,8%) (p<0,001)). Frauen mit positiven Inselantikörpern entwickelten innerhalb von 1,3 Jahren zu 96, 9% (95% KI 90,2–100%) einen Diabetes postpartum. Das Alter der Frauen bei Entbindung, eine positive diabetische Familienanamnese, die Anzahl der Schwangerschaften und die Konzentrationen von C-reaktivem Protein beeinflussten das postpartale Diabetesrisiko nicht.

Schlussfolgerung: Frauen mit Gestationsdiabetes haben ein sehr hohes Risiko, postpartum an einem Diabetes zu erkranken, insbesondere wenn sie übergewichtig sind und während der Schwangerschaft insulinpflichtig waren. Eine Prävention des postpartalen Diabetes ist sinnvoll und wird in Deutschland erstmals mit der PINGUIN-Studie realisiert (www.pinguin-studie.de).