Rofo 2010; 182 - VO307_5
DOI: 10.1055/s-0030-1252747

Hirnplastizität bei kindlichem Schlaganfall: Exemplarische Longitudinalstudie mit motorischer fMRT

J Gawehn 1, G Kutschke 2, G Vucurevic 1, W Müller-Forell 1
  • 1Universitätsmedizin Mainz, Institut für Neuroradiologie, Mainz
  • 2Universitätsmedizin Mainz, Kinderklinik, Mainz

Ziele: Dokumentation und longitudinale Analyse der motorischen Reorganisation nach kindlichem Schlaganfall mittels fMRT als exemplarischer Nachweis der Hirnplastizität. Methode: Nach Apoplex der linken Frontozentralregion und Umgebung infolge Verschlusses der A. c. media bei einem 12- jährigen Mädchen mit akuter Hemiparese rechts erfolgten am 4., 15., 50., 110., 230. und 580. Tag nach dem Ereignis funktionelle Fingertapping- MRT in in einem 1.5 T Scanner und einer 8- Kanal- Kopfspule mit EPI- Sequenzen (Matrix 64×64, FOV 192mm, 25 Schichten à 5.5mm Dicke, TR=3120ms, Blockschema, Auswertung mit SPM5. Ergänzend wurden DCE- Perfusionsmessungen durchgeführt. Ergebnis: Aktivierungen im primären motorischen und sensorischen Cortex (M1/S1) und der supplementären Area (SMA): Die erste Untersuchung zeigte eine geringe Aktivierung der kontralateralen M1/S1 -Region. Im zweiten Scan war eine kräftige bilaterale Aktivierung sowohl von M1/S1 als auch der SMA zu beobachten. In den folgenden Untersuchungen nahmen die bilateralen Erregungen wieder ab bis eine Rückkehr zu einem physiologischen Aktivierungsmuster erfolgte.

Cerebellum: Bis auf eine prägnantere ipsilaterale Aktivierung in der Erstuntersuchung verlief die Entwicklung des Aktivierungsmusters ähnlich M1/S1.

Basalganglien: Gesteigerte Aktivierung der Basalganglien in den Kontrollen 2 bis 4. Schlussfolgerung: Der den fMRT- Messungen zugrundeliegende BOLD- Effekt ist anfangs am deutlichsten erniedrigt. Die nachfolgende Phase mit kräftigen bilateralen Aktivierungen unter Einschluss der Basalganglien illustriert den Prozess des Wiedererlernens der motorischen Funktionen und wird wohl durch Rehabilitation beschleunigt. Eine komplette Restitution des physiologischen fMRT- Erregungsmusters war nach 2 Jahren zu beobachten. Dies illustriert die Plastizität eines kindlichen Hirnes als komplexe Interaktion zwischen Perfusionsänderungen und Reorganisation nach Schlaganfall und die Fähigkeit zu funktioneller Normalisierung im längeren Zeitverlauf.

Korrespondierender Autor: Gawehn J

Universitätsmedizin Mainz, Institut für Neuroradiologie, Langenbeckstraße 1, 55131 Mainz

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