Rofo 2010; 182 - VO209_1
DOI: 10.1055/s-0030-1252582

Erleichterte Diffusion und reduzierte Anisotropie in der Großhirnhemisphäre kontralateral zur Tumorlokalisation bei Patienten mit Glioblastom oder anaplastischem Astrozytom

K Kallenberg 1, T Goldmann 1, HC Bock 2, J Buhk 3, A Wrede 4, A Giese 2, H Strik 5, J Frahm 6, P Dechent 7, M Knauth 8
  • 1Universitätsmedizin Göttingen, Neuroradiologie/MR-Forschung in der Neurologie und Psychiatrie, Göttingen
  • 2Universitätsmedizin Göttingen, Neurochirurgie, Göttingen
  • 3Universitätsklinikum Eppendorf, Radiologie/MR-Forschung in der Neurologie und Psychiatrie (GÖ), Hamburg
  • 4Universitätsmedizin Göttingen, Neuropathologie, Göttingen
  • 5Philipps Universität Marburg, Neurologie, Marburg
  • 6Biomedizinische NMR Forschungs GmbH, Göttingen
  • 7Universitätsmedizin Göttingen, MR-Forschung in der Neurologie und Psychiatrie, Göttingen
  • 8Universitätsmedizin Göttingen, Neuroradiologie, Göttingen

Ziele: Die häufigsten hirneigenen Tumore, anaplastische Astrozytome (AA) und Glioblastome (GBM) weisen ein invasives Wachstum auf. In makroskopisch unauffälligem Gewebe sind z.T. bereits Tumorzellen nachweisbar (Matsukada et al. 1961, Jennings et al. 1995), mutmaßlich bedingt durch mikroinvasives Tumorwachstum, welches zur schlechten Prognose beiträgt (Wang et al. 2009). In frühen Stadien ist von einer diffusen interneuralen Infiltration auszugehen, die zu Diffusionserleichterung und folglich Anhebung des Diffusionskoeffizienten (ADC) führen würde sowie – z.B. hierdurch bedingt – zur Reduktion der Anisotropie (FA). Methode: Bei 31 Patienten (8 AA/23 GBM, 12 w/19m; Ø 57,6 Jahre) wurde präoperativ eine hochaufgelöste Diffusionsbildgebung (DTI; single-shot stimulated echo acquisition mode STEAM, 2mm isotrope Auflösung, 38 Schichten) auf einem 3 T MRT-System (Siemens Trio, Erlangen, Germany) durchgeführt. In der gesamten Hemisphäre sowie in der korrespondierenden („gespiegelten“) Region kontralateral zum Tumor wurden FA und ADC bestimmt und mit den Werten eines gesunden Kontrollkollektivs (8 w/16m; Ø 58,7 Jahre) verglichen. Ergebnis: 1. Gesamte (kontralaterale) Hemisphäre:

Patienten: ADC: 0.753×10–3mm2/s /FA: 0.258, Kontrollgruppe: 0.707×10–3mm2/s [p<.01]/0.280 [p<.01].

2. Tumorkorrespondierende Region:

Patienten: ADC: 0.793×10–3mm2/s /FA: 0.253, Kontrollgruppe: 0.707×10– 3mm2/s [p<.01]/0.280 [p<.01]. Schlussfolgerung: Bei Patienten mit anaplastischen Astrozytomen und Glioblastomen zeigt das unauffällige Parenchym in der Hemisphäre kontralateral zum Tumor eine erleichterte Diffusion und reduzierte Anisotropie. Dies könnte ein früher Hinweis auf eine Tumorzellinvasion auch der primär nicht betroffenen Gehirnhälfte sein. Künftig könnte eine diffuse Disseminierung und evtl. eine Proliferation, wie sie z.B. unter antiangiogener Therapie gehäuft zu beobachten ist, früher detektiert werden.

Korrespondierender Autor: Kallenberg K

Universitätsmedizin Göttingen, Neuroradiologie/MR-Forschung in der Neurologie und Psychiatrie, Robert-Koch-Straße 40, 37099 Göttingen

E-Mail: kai.kallenberg@med.uni-goettingen.de