Gesundheitswesen 2010; 72 - A33
DOI: 10.1055/s-0030-1251689

Die STIKO empfiehlt – Wie schnell folgt die Praxis? Erfahrungen aus Brandenburg.

C Siffczyk 1, G Ellsäßer 1, K Lüdecke 1
  • 1Landesgesundheitsamt Brandenburg

Hintergrund:

Impfungen gehören zu den kosten-effizientesten bevölkerungsmedizinischen Interventions-Maßnahmen. Vor Einführung ist eine Überwachung der Infektionskrankheiten notwendig, die eine Schätzung der Krankheitslast in der Bevölkerung und Aussagen über die Risikogruppen zulässt. Mithilfe dieser Informationen kann eine Impfstrategie festgelegt werden. In Deutschland gibt die STIKO (Ständige Impfkommission) Empfehlungen zur Durchführung von Schutzimpfungen. Der Erfolg einer Impfstrategie lässt sich gut anhand der Durchimmunisierungsraten in der Zielpopulation messen.

Wir betrachten die Dauer der Umsetzung der STIKO-Empfehlungen für die in letzten 5 Jahren von der STIKO neu empfohlenen Standard-Impfungen im Land Brandenburg: die konjugierte Meningokokken-C-Impfung und HPV-Impfung. Die Impfungen wurden im Juli 2006 bzw. März 2007 in die STIKO-Empfehlungen mit aufgenommen. Ziel der Analyse ist die Bewertung der Umsetzung der STIKO-Impfempfehlung für die Meningokokken-C-Nachholimpfung und die HPV-Impfung.

Material und Methoden:

Die jährlich im Rahmen der kinderärztlichen Untersuchungen des Kinder-und Jugendgesundheitsdienstes des Landes Brandenburg erhobenen Impfraten von Einschülern und Zehntklässlern, werden in Zeitreihen im 1. und 2. Jahr nach eingeführter Impfung gemäß STIKO ausgewertet.

Ergebnisse:

Je nach Impfung fanden die STIKO-Empfehlungen unterschiedlich schnell den Weg in die Praxis. Die Meningokken-C-Nachholimpfung hat sich in kurzer Zeit gut bei den Einschülern etabliert: knapp 2 Jahre nach Einführung der STIKO-Empfehlung war die Hälfte der Einschüler gegen eine Meningokokken-C-Erkrankung geschützt. Dagegen profitierten im vergleichbaren Zeitraum erst 16% der Zehntklässler von der Nachholimpfung. Dabei zeigten sich auf regionaler Ebene insbesondere für die Meningokokkenimpfung große Unterschiede in den Impfraten (Spannweite von 14–69%).

Trotz des aufwendigeren Impfschemas haben von der Impfung gegen die Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses durch HPV-Viren nach knapp 2 Jahren bereits fast 1/4 der Schülerinnen der 10. Klassen profitiert. Nach einem vergleichbaren Zeitraum profitierten nur 1/6 der Zehntklässler insgesamt von der Meningokokken-C-Nachholimpfung.

Diskussion:

Verschiedene Faktoren scheinen eine Rolle dafür zu spielen, wie schnell die Kinder und Jugendlichen im Land Brandenburg von STIKO-Empfehlungen profitieren. Neben der Erreichbarkeit der Zielgruppe für die Impfempfehlung (jüngere Altersgruppen vs. Jugendliche) und dem Impfschema (1malige vs. mehrmalige Impfung zur Erreichung eines vollständigen Impfschutzes) scheinen sich Unterschiede in den regionalen Strukturen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (z.B. direkte Impfangebote im Rahmen schulärztlicher Untersuchungen in Schulen) und dem Engagement der niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen sowie der Einfluss überregionaler Impfkampagnen in den Daten widerzuspiegeln.