Gesundheitswesen 2010; 72 - A20
DOI: 10.1055/s-0030-1251676

Wohngebiete in ihren Risiken für Hitzebelastung erfassen. Kommunales Hitzemapping als Methode zur Planung effizienter Präventionsstrategien gesundheitlicher Folgen des Klimawandels

B Blättner 1, S Georgy 1, M Heckenhahn 2
  • 1Hochschule Fulda, Fachbereich Pflege und Gesundheit
  • 2Gesundheitsamt Region Kassel

Hintergrund: Der Klimawandel erfordert Präventionsstrategien gegen die mit Hitzestress verbundene Morbidität und Mortalität zu entwickeln [1, 2]. Das höchste Gesundheitsrisiko tragen über 75-Jährige, die in städtischen Wärmeinseln leben [4, 5].

Ziel: Mit dem Hitzemapping sollte eine Methode entwickelt werden, mit der Wohngebiete nach der Stärke des Präventionsbedarfes differenziert werden können. Die Methode sollte in der Region Kassel erprobt und dort zentraler Interventionsbedarf identifiziert werden.

Vorgehen: Es wurden Faktoren identifiziert, die während Hitzeperioden ein Risikowohngebiet auszeichnen können. Kleinräumige Klimakarten wurden Altersstrukturdaten der kommunalen Statistik gegenübergestellt. In einem Rapid Assessment wurden Risikogebiete in ihrer Bausubstanz eingeschätzt.

Ergebnisse: Die kleinklimatischen Bedingungen und der bauliche Zustand der Wohngebäude entscheiden wesentlich über die Hitzeexposition. Während für den Zweckverband Kassel eine Klimakarte die Identifikation von Überwärmungsgebieten zulässt [3], ist die Bausubstanz nicht kartiert. Die soziodemografische Struktur der jeweiligen Wohngebiete scheint ein entscheidender Faktor für Suszeptibilität zu sein. Es konnten statistische Bezirke nach der Dichte der Hochaltrigkeit unterschieden werden. Der Bezirk mit der höchsten Dichte Hochaltriger liegt im städtischen Überwärmungsgebiet. Dicht mit Hochaltrigen bewohnte Gebiete liegen auch in kühleren Regionen, andere Überwärmungsgebiete weisen eine jüngere Besiedlungsstruktur auf.

Schlussfolgerungen: Die Identifikation von Risikowohngebieten während Hitzeperioden bedürfte einer empirischen Absicherung durch ein geeignetes Surveillance-System, das neben Mortalität auch Morbidität kleinräumig ausweist. Zur Identifikation von prioritären Interventionsgebieten scheint sich das Hitzemapping zu eignen, wenn eine bauphysikalische Kartierung ergänzt wird. Die Konzentration auf Überwärmungsgebiete mit hoher Hochaltrigendichte könnte effizient sein, wirft aber ethische Fragen auf.

Keywords: Klimawandel, Hitzebelastung, Exposition, Suszeptibilität, Mapping

Literatur:

[ [1] Bundeskabinett. Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel vom Bundeskabinett am 17. Dezember 2008 beschlossen. www.bmu.de (abgerufen am 18.12.08). [2] Robert Koch Institut. Hitzewellen und extreme Klimaereignisse – Herausforderungen für das Gesundheitswesen. Epidemiologisches Bulletin 25. 2004. 200–201. [3] Katzschner, L.; Maas, A.; Schneider, A.: Das städtische Mikroklima: Analyse für die Stadt- und Gebäudeplanung. Bauphysik 31, H. 1, S. 18–24, (2009). [4] Kovats RS and Hajat S (2008) 'Heat stress and public health: a critical review', Annu Rev Public Health. 29: 41–55. [5] Vandentorren S, Bretin P, Zeghnoun A, Mandereau-Bruno L, Croisier A, Cochet C, Ribéron J, Siberan I, Declercq B, Ledrans M. Heat-related mortality. August 2003 Heat Wave in France: Risk Factors for Death of Elderly People Living at Home. European Journal of Public Health. 2006, 16, 6. 583–591.