Klin Padiatr 2010; 222 - P17
DOI: 10.1055/s-0030-1251072

Versuchte illegale Herbeiführung eines Schwangerschaftsabbruchs ohne Wissen der Schwangeren mittels Cytotec (Misoprostol)–massenspektrometrisch toxikologischer Nachweis via GC- und LC/MS/MS

B Watzer 1, K Trübner 2, H Schweer 1
  • 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Marburg, Marburg
  • 2Institut für Rechtsmedizin, Universitätsklinikum Essen, Essen

Hintergrund: Misoprostol (MP, Cytotec) ein synthetisches PGE1-analoges Magenprotektivum, zeigt exzellente Eigenschaften bei medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen. Es ist das einzige stabile Prostanoid welches in diesem Anwendungsgebiet oral gegeben werden kann. Mittlerweile ist der Einsatz von MP weit verbreitet in Geburtshilfe, Gynäkologie, aber auch bei illegalen Abtreibungen mit einer nicht unerheblichen Dunkelziffer (1). Einschlägige Webseiten geben explizite Anleitung für die Durchführung und Verschleierung der Abtreibung mit dem ausdrücklichen Hinweis, der mit MP herbeigeführte Abort sei von einem Spontanen nicht zu unterscheiden. Im Vergleich zum operativen Schwangerschaftsabbruch wirken sich allerdings ein höherer Blutverlust verbunden mit einer Mehrzahl unvollständiger Aborte u. U. lebensbedrohlich für die Schwangere aus. Bei höherem Gestationsalter ist zudem mit einer Lebendgeburt zu rechnen.

Fallbeschreibung: Bei einer Schwangeren (34, 6. Wo.) setzten unerwartet Wehen ein. Äußerungen des Lebensgefährten ließen den Verdacht aufkommen, dass die Wehen gezielt herbeigeführt wurden. Die Frau stellte einen Rückstand im Kaffee fest und fand Überreste einer Tablette. Die Schwangere suchte umgehend einen Arzt auf und ließ Blut u. Urin sicherstellen. Toxikologische Analysen von MP gestalten sich schwierig auf Grund der schnellen Metabolisierung und niedrigen Dosierung. Zum Nachweis von MP wurden adaptierte GC- u. LC/MS Spurenanalysen angewandt (2).

Ergebnisse: Im Urin konnte zweifelsfrei MP nachgewiesen werden. Bei dem sichergestellten Rückstand als auch den Tablettenresten handelt es sich eindeutig um Cytotec. Nach §218 StGB liegt ein besonders schwerer Fall von Fremdabbruch vor, wenn der Täter gegen den Willen der Schwangeren handelt oder die Schwangere in Gefahr bringt (3). Dies konnte im vorliegenden Fall zweifelsfrei bewiesen werden.

Fazit: Bei Verdacht einer illegalen Abtreibung mittels MP ist es nun möglich, diese von einem spontanen Abort abzugrenzen.