Klin Padiatr 2010; 222 - P12
DOI: 10.1055/s-0030-1251067

Moderne Diagnostik der arteriellen Hypertonie (HTN) im Kindes- und Jugendalter

R Eyermann 1
  • 1Kinder- und Jugendmedizin, Kinderkardiologie, Sportmedizin, München

Problemstellung: HTN muss im Wachstumsalter frühzeitig diagnostiziert u. interveniert werden, um Endorganschäden u. Folgeerkrankungen zu verhindern. Kinder <10J. 90% sek. HTN. Renale Erkrankungen Ursache für ca. 90% aller sek. Formen: Renoparenchymal Wahrscheinlichkeit: Bilateral > unilateral; glomerulär > tubulo-interstitiell; chron. NI > normale Nierenfunktion. Renovaskulär v.a. bei arteriellen Erkrankungen, auch möglich bei Befall 1 Gefäßast (Segmentarterie). Vaskuläre Ursache: z.B. ISTA, mid-aortic-syndrome; Endokrin: z.B. Neuroblastom, Cushing-Sy.; Sonstiges: z.B. Hirndruck, Medikamente. Kinder >10J. u. Jgl. bis 70% primäre HTN, meist mit Adipositas.

Ergebnis: HTN im Wachstumsalter gesichert, bei Blutdruck unter Einhaltung der Messempfehlungen dauerhaft oberhalb der 95.Pc., bezogen auf KL u. Geschlecht liegt. Gefordert mindestens 3 Messungen an unterschiedlichen Tagen. Zu beachten auch akute hypertensive Krisen bei normotensiven Kindern im Verlauf akuter Erkrankung o. bei hypertonen Kindern durch Exazerbation ihrer chronischen Krankheit: Hinweisend Blutdruckanstiege auf über 180/120mmHg, bei jüngeren Kindern auch 10–20mmHg weniger, definiert als Blutdruckwerte über 30% der 95 Pc. mit möglichen Symptomen hypertensiver Enzephalopathie. Diagnostik primärer u. sekundärer HTN-Formen mittels Stufenplan in Kenntnis der Differentialdiagnose (kardiovaskuläre, renovaskuläre u. renoparenchymatöse, neurogene, medikamentöse, endokrine sowie primäre/essentielle HTN u. sonstige Ursachen): Basisdiagnostik: 1. Liegt eine HTN bei diesem Kind vor? 2. Anamnese u. Familienanamnese (familiäre HTN, Epistaxis, Kopfschmerzen, Unruhe, Sehstörungen, Schweißausbruch, Flush, Tachykardie, Polyurie, Polydipsie) 3. Status praesens (auffällige Zeichen, wie i.e. Cafe’-au-lait-Flecken, Cushing, Struma etc., Herz- u. Pulsstatus, Gefäßgeräusche, Gelegenheitsblutdruckmessung an allen 4 Extremitäten u. Perzentilenkurven-Beurteilung) 4. Ggf. ABDM. Labor Stufe 1: Blut (großes Blutbild mit Thrombozyten, Na, K, Cl, Ca, P, alkalische Phosphatase, Kreatinin, Harnstoff, BZ, Cholesterin, Gesamteiweiß mit Albumin, T3, T4, TSH), Urin (Urinstatus, Urinelektrolyte, Albumin u. Kreatinin im Spontanurin), Kreatininclearance. Labor Stufe 2: Blut (Renin, Cortisol, Aldosteron, ACTH, C3- u. C4-Komplement, ANA, Säure-Basen- Status, Transaminasen, Hepatitis-B- u. C-Serologie), Urin (Transferrin, Alpha–1-Mikroglobulin, Cortisol). Katecholamine im Serum o. Urin. Sonografie Abdomen: Evaluation Nieren u. ableitende Harnwege, Nebennieren sowie Tumorausschluss. Ggf. MCU. Doppler Nierengefäße, Captoprilszintigrafie. Bei V.a. Nierenarterienstenose selektive Nierenangiografie (DSA) mit seitengetrennter renovenöser Reninevaluation. mIBG bei multiplen Phäochromozytomen. EKG: Ausschluss LVH. Echokardiografie: Messung Hinterwanddicke enddiastolisch u. endsystolisch, FS, Ausschluss CoA, tubuläre Aortenbogenhypoplasie, Stenose Aorta descendens u. „middle aortic syndrome“. Röntgen Thorax. Funduskopie.

Konklusion: HTN im Wachstumsalter frühzeitig leitliniengerecht diagnostizieren u. geeignet intervenieren. Stetig bessere Therapieoptionen primärer u. sekundärer Formen juveniler HTN können „Tracking“-Phänomene u. v.a. hochdruckbedingte Sekundärschäden u. Folgeerkrankungen, v.a. auch Verschlechterung der Nierenfunktion bei v.a. renaler HTN, einschränken.