Klin Padiatr 2010; 222 - V17
DOI: 10.1055/s-0030-1251042

Aspirationsunfälle beim Feuerspucken im Kindesalter – Paraffin-haltige Feuerspucklösungen

M Hermanns-Clausen 1, U Stedtler 1, H Meyer 2, A Hahn 2
  • 1Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg
  • 2Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin

Grundlagen: Feuer übt seit Urzeiten auf den Menschen eine Faszination auf. Besonders beeindruckend und effektvoll ist Feuerspucken. Dabei wird eine paraffinhaltige Feuerspucklösung mit hohem Druck aus dem Mund in eine offene Flamme geblasen. Aspirationsunfälle beim Feuerspucken wurden mehrfach beschrieben, auch bei Jugendlichen [1,2], allerdings bislang nicht im Kindesalter. Fallserie: Fall 1: Eine 13-Jährige verschluckte sich auf der Generalprobe zu einem Theaterstück an der Feuerspucklösung. Wegen Reizhusten und subjektiver Luftnot erfolgte die notfallmäßige stationäre Aufnahme. Der quälende Reizhusten bestand fast 2 Tage. Kein Infiltrat radiologisch nachweisbar, komplikationsloser Verlauf. Fall 2: Ein 13-Jähriger verschluckte sich beim Feuerspucken zu Hause. Trotz Antibiotikatherapie bei Mittellappenpneumonie rechts verschlechterte sich der Zustand mit zunehmendem Fieber und Husten. Die Pneumonie breitete sich auf Ober- und Unterlappen aus und abszedierte. Der weitere Verlauf war durch Abszessdrainage, Beatmungspflichtigkeit und Pneumothorax bestimmt. Insgesamt 35 Tage stationär. Fall 3: Ein 9-Jähriger wollte im Rahmen eines Artistenkurses Feuer spucken, aspirierte dabei, hustete. Dyspnoe und atemabhängige Schmerzen bestanden über mehrere Tage. Radiologisch war ein peribronchiales Infiltrat nachweisbar. Insgesamt 10 Tage stationär. Schlussfolgerung: Obwohl Aspirationsunfälle beim Feuerspucken lebensbedrohlich verlaufen können (Fall 2), wird das Erlernen von Feuerspucken bereits neunjährigen Kindern angeboten, wie Fall 3 illustriert. Aufgrund seiner physikochemischen Eigenschaften (niedrige Viskosität und Oberflächenspannung, leichte Flüchtigkeit) kann Paraffin bereits beim Schluckakt die Epiglottis unterkriechen, wovor auch das sorgfältige Erlernen der Feuerspuck-Technik nicht sicher schützen kann. Dieses Risiko wird durch Betreuungspersonen und Eltern unterschätzt. Aufklärung ist deshalb dringend erforderlich.