Z Geburtshilfe Neonatol 2010; 214 - V16
DOI: 10.1055/s-0030-1248811

Darstellung des interdisziplinären Management bei einem monströsen Steißbeinteratoms

P Degenhardt 1, M Scholz 1, S Huppmann 2, K von Weizsäcker 3, W Henrich 3, E Toubekies 4, C von Heymann 4, M Berns 2
  • 1Universitätsmedizin Berlin Charité, Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie, Berlin, Deutschland
  • 2Universitätsmedizin Berlin Charité, Klinik für Neonatologie, Berlin, Deutschland
  • 3Universitätsmedizin Berlin Charité, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
  • 4Universitätsmedizin Berlin Charité, Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin, Berlin, Deutschland

Das Steißbeinteratom ist die häufigste Manifestation von Keimzelltumoren im Neugeborenenalter. Es tritt mit einer Häufigkeit von 1 zu 30–40.000 Lebendgeborenen auf. Weibliche Neugeborene sind 3-fach häufiger betroffen als männliche. Meist enthält der Tumor Komponenten aller 3 Keimblätter. Er geht von der Steißbeinoberfläche aus und wächst vorwiegend exophytisch zwischen Analöffnung und Steißbein.

Das Steißbeinteratom wird meist im 2. Trimenon pränatal diagnostiziert. Im Neugeborenenalter ist es bei 90% der Fälle äußerlich sichtbar, von sehr variabler Größe, teils solide, teils zystisch und ist manchmal von hämangiomatös veränderter Haut bedeckt. Aufgrund der starken Durchblutung des Tumors kann es postpartal zu erheblicher kardialer Belastung bis hin zum Herzversagen kommen. Bei verzögerter Primäroperation oder bei unvollständiger Resektion besteht die Gefahr der malignen Entartung vor allem nach dem 3. Lebensmonat.

Ferner ist die operative Therapie durch die starke Vaskularisation des Tumors und das erhebliche intraoperative Blutungsrisiko kompliziert. Aus diesem Grunde ist ein frühzeitig geplantes und abgestimmtes Procedere von Geburtsmedizinern, Kinderchirurgen, Anästhesiologen und Neonatologen notwendig, um eine sichere Geburt und eine stabile Herz-Kreislauffunktion während der operativen Therapie des Teratoms zu gewährleisten.

Am Beispiel einer dichoralen Geminigravidität wird die interdisziplinäre Kooperation von Pränataldiagnostik, Geburtsmedizin, Neonatologie, Kinderanästhesie und Kinderchirurgie dargestellt.

Im Rahmen des Organscreenings einer Zwillingsschwangerschaft wurde bereits mit 21 SSW ein großes Steißbeinteratom eines Geminus diagnostiziert. Nach vorzeitigem Blasensprung kam es mit 30+3 SSW zur primären Sektio eines pränatal geschätzt 1200g schweren Mädchens (abzüglich des Tumorgewebes) mit einem APGAR von 8/9/9 geplant im Kinder-OP. Für die Sectio caesarea standen ein geburtsmedizinisches Team, zwei neonatologische Teams zur Erstversorgung der Kinder, zwei Anästhesieteams (das anästhesiologische Kreißsaal-Team und 1 kinderanästhesiologisches Team) und zwei Kinderchirurgen zur sofortigen operativen Versorgung des 20×15cm großen Steißbeinteratoms zur Verfügung. Zwischen Beginn der Schnittentbindung und der Operation des Kindes mit Steißbeinteratom lagen ca. 45min. Nach Narkoseeinleitung, endotrachealer Intubation und Anlage mehrerer periphervenöser Zugänge konnte das Teratom dann als R0-Resektion operativ entfernt werden und hatte ein Gewicht von 1160g.

Der weitere Verlauf der Patientin soll vorgestellt werden. Aktuell ist das Kind altersgerecht entwickelt und zeigt keinen Entwicklungsrückstand im Vergleich zur Zwillingsschwester.

Durch die exakte interdisziplinäre Planung und die Durchführung der Sektio im kinderchirurgischen Operationssaal mit unmittelbarer neonatologischer Erstversorgung, sofortiger kinderanästhesiologischer Narkose und zügigem Operationsbeginn konnte für beide Kinder ein optimaler Ausgang erreicht werden.