Handchir Mikrochir Plast Chir 2010; 42(4): 233-238
DOI: 10.1055/s-0030-1248311
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rekonstruktion der M. quadriceps femoris Funktion durch Muskeltransfer

Reconstruction of Quadriceps Femoris Muscle Function with Muscle TransferH. Fansa1 , C. Meric1
  • 1Klinik für Plastische, Wiederherstellungs- und Ästhetische Chirurgie, Handchirurgie, Klinikum Mitte, Bielefeld
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eingereicht 23.10.2009

akzeptiert 20.01.2010

Publication Date:
16 March 2010 (online)

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Zusammenfassung

Die N. femoralis Parese mit komplettem Ausfall des M. quadriceps femoris und der damit verbundenen fehlenden Kniestreckung ist ein seltenes, meist iatrogenes Krankheitsbild. Neben Neurolysen und Nervenrekonstruktion, existieren Konzepte zur freien funktionellen Muskeltransplantation. Eine andere Möglichkeit ist die aus der Chirurgie der Poliomyelitis bekannte Umsetzung von Muskeln aus dem dorsalen Oberschenkel zur Kniestreckung. Nachfolgend werden Erfahrungen mit der Umsetzung von M. biceps femoris und M. semitendinosus zur Quadricepsrekonstruktion dargestellt. Von 2003 bis 2007 wurden sieben Patienten (mittleres Alter 43) mit einer aufgehobenen M. quadriceps femoris Funktion nach N. femoralis Ausfall behandelt. Es handelte sich um direkte Schäden des N. femoralis, Traktionsschäden nach Hüftgelenksimplantation, Sturzfolgen, Läsionen des Plexus lumbosacralis und eine unklare neurogene Muskeldystrophie. Die Indikationen für die Ersatzoperation wurden wegen der lang anhaltenden Muskellähmung gestellt. Alle Patienten erhielten die gleiche Operation der Umsetzung des M. biceps femoris und M. semitendinosus. Immobilisation erfolgt in Streckstellung für 6 Wochen, Belastung des Beins beginnt nach 8 Wochen. Die Operationen verliefen in allen Fällen komplikationslos. Alle Patienten hatten eine Kniestreckung gegen die Schwerkraft. Vier der Patienten hatten eine vollständige Extension, zwei ein Streckdefizit von jeweils 20°, einer von 30°. Alle Patienten waren in der Lage, ohne Gehstützen Treppen zu steigen. Die Knie zeigten keine Instabilitäten und die Patienten konnten ohne Hilfe ihre Alltagstätigkeiten verrichten. Ist die Läsion nah am Muskel, so erscheint eine Revision des N. femoralis sinnvoll. Unterbleibt diese, oder ist sie erfolglos ist die Ersatzoperation eine Therapieoption. Alle neueren Studien mit ähnlich kleiner Fallzahl berichten von einer guten Rekonstruktion mit dieser Technik, sodass eine suffiziente Kniestabilität und funktionelle Alltagstauglichkeit, wie beim Treppensteigen notwendig, wieder hergestellt werden konnte. Langfristige Komplikationen, wie Patelladislokation oder ein Genu recurvatum traten in unserem Patientengut nicht auf. Letzteres ist bei Patienten mit Poliomyelitis häufiger beschrieben worden, sodass für diese Ersatzoperationen ein intakter Gastrocnemiusmuskel vorausgesetzt wurde. Bei Anwendung bei ausschließlicher N. femoralis Läsion ist eine solche Komplikation eher nicht zu erwarten.

Abstract

Femoral nerve palsy, mostly of iatrogen cause, leads to paresis of quadriceps muscle with complete loss of knee extension. Therapeutical options include neurolysis, nerve reconstruction or functional muscle transplantations. Another concept is the transfer of hamstring muscles as described in post polio surgery. We describe our experience of biceps femoris and semitendinosus muscle transfer for reconstruction of knee extension. From 2003 to 2007 seven patients (mean age 43) with complete loss of knee extension after femoral nerve lesion were treated. Nerve palsy was caused by direct lesion, traction, hematoma after collapse, lesion of lumbosacral plexus and an unclear muscle dystrophy. Indication for muscle transfer was due to long standing muscle paresis. All patients received a transfer of biceps femoris and semitendinosus muscle/tendon into the quadriceps tendon. Patients were immobilised in a cast for 6 weeks in extended knee position. Weight bearing started after 8 weeks. Operations went uneventfully. All patients were able to extend the knee postoperatively against gravity and were able to climb stairs without help. 4 Patients had complete knee extension, 2 had a lack of 20°, one of 30°. Daily routine was possible in all cases. No instability of knee joints occurred postoperatively. In a nerve lesion close to the muscle a nerve reconstruction should be aimed. If not performed or with unsuccessful outcome, muscle transfer is a good option to restore function. All recent studies describe good to excellent results with stable knees, allowing the patient to manage daily routine without assistance and to climb stairs up and down. Long term complications such as dislocation of patella or genu recurvatum were not observed in our patients. The latter results as typical complication in polio from weakening knee flexion through biceps femoris transfer, if the gastrocnemius muscle is not forceful enough. However in an isolated femoral nerve lesion this will rarely occur.