Zeitschrift für Phytotherapie 2010; 31(2): 95-97
DOI: 10.1055/s-0030-1247652
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Änderungen des Urin-pH-Werts haben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit von Uvae ursi folium

S. Garcia de Arriba, U. Stammwitz, S. Pickartz, V. Goclik, C. Bodinet, K.U. Nolte
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Publication Date:
10 May 2010 (online)

Zubereitungen aus Bärentraubenblättern (Uvae ursi folium) (Abb. 1) werden zur Behandlung von entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege eingesetzt. Das in Deutschland meistverkaufte Fertigarzneimittel aus Bärentraubenblättern (Cystinol akut(r) Dragees) basiert auf einem ethanolischen (60% v/v) Trockenextrakt und ist auf den Gehalt an Hydrochinonde-rivaten, berechnet als Arbutin, standardisiert. Dieses Phenolglykosid wird enzyma-tisch in Hydrochinon (HQ) und Glukose ([1]) gespalten. Durch Konjugation wird HQ in seine wasserlösliche Form überführt und damit nierengängig.

Abb. 1:Arcostaphylos uva-ursi (L.) Spreng. – die Echte Bärentraube, eine Ericaceae.

Weder Arbutin (Prodrug) noch die Konjugate sind antibakteriell wirksam, sondern nur das freie HQ. Durch Spaltung der Konjugate kann jedoch die Menge an freiem HQ am Wirkort des Arzneimittels erhöht werden; dieser wird, wie nachfolgend ausgeführt, im Inneren der uropathogenen Bakterien in den ableitenden Harnwegen gesehen. Somit ist die Gesamtmenge an HQ (freies HQ und HQ-Konjugate) im Urin für die therapeutische Wirkung ausschlaggebend. Pharmakokinetische Studien haben sich daher auf die Verfügbarkeit des Gesamt-HQs im Urin konzentriert (2–5).

In-vitro- und klinische Studien haben gezeigt, dass Arbutin unter sauren Bedingungen stabil ist und im Magen keiner Hydrolyse unterliegt. Folglich erreicht intaktes Arbutin den Dünndarm ([2], [3], [5], [6]).

Darmbakterien nicht beteiligt

In der Vergangenheit wurde angenommen, dass hauptsächlich Darmbakterien für den Arbutinabbau verantwortlich sind, indem sie freies HQ direkt im Darmlumen produzieren. Die bakterielle Dichte im Dünndarm ist jedoch zu gering, um einen nennenswerten Anteil zur Arbutinhydrolyse beitragen zu können. Arbutin müsste also den weiter entfernt liegenden Teil des Darmtrakts, das Kolon, erreichen, denn erst dort ist eine ausreichende Bakteriendichte vorhanden (>1011 Bakterien/g) ([7]). Allerdings wurde freies HQ bei Tierexperimenten nur in Spuren in Fäzes gefunden und reicherte sich auch nicht in anderen Organen (Milz, Leber, Nieren, Lungen, Herz, Gehirn, Hoden, Eierstöcke, Haut, Oberschenkelknochen, Muskel, Bauchfett) an ([8]). Im menschlichen Urin wurde freies HQ ebenfalls in nur sehr geringen Konzentrationen gefunden ([2], [3], [5]); durchschnittlich 87–94% der applizierten Dosis fanden sich im Harn in Form von HQ-Konjugaten wieder. Demnach findet eine Akkumulation von freiem HQ im Organismus nicht statt ([14]).

Folglich unterliegen Arbutin und HQ während der Passage vom Magen zum Kolon einer schnellen Absorption, sodass die das Kolon erreichende Menge an Arbutin und freiem HQ nicht relevant ist. Eine Arbutinspaltung im Darm ist für die Absorption nicht erforderlich. Intaktes Arbutin wird über den Na+/Glukose-Carrier hSGLTl absorbiert ([3], [4], [6]). Die Aufnahme von Arbutin in die Dünndarm-Schleimhaut ist in vitro an Biopsie-Homogenaten von Ratten, Hamstern und Hühnern ([9], [10], [11]) sowie bei gesunden Probanden ([12]) untersucht worden. Freies HQ wurde in den Biopsie-Homogenaten nicht gefunden, folglich wird im Darmgewebe kein freies HQ gebildet und gespeichert ([12]).

Nach Absorption erreicht das Arbutin die Leber, wo es enzymatisch durch zytosolische ß-Glukosidasen gespalten wird ([13]). Das freigesetzte HQ wird in der Metaboli-sierungsphase II umgehend zu wasserlöslichen Schwefelsäure- und Glukuronsäurekonjugaten umgesetzt (Abb. 2), die mit dem Harn ausgeschieden werden (2–5).

Abb. 2: Darstellung von Absorption, Verteilung im Organismus, Metabolismus und Ausscheidung des Arbutins bzw. von freiem Hydrochinon (HQ), seinen Konjugaten HQ-Glukuronid (HQ-Glu) und HQ-Sulfat (HQ-Sulf).

Probandenstudien zur Pharmakokinetik

Die Ausscheidung von Arbutinmetaboliten nach oraler Einnahme von 3x2 Cystinol akut® Dragees (420 mg Hydrochinonderivate, berechnet als wasserfreies Arbutin/ Tag) wurde an 12 gesunden Probanden untersucht ([5]). Nur 0,6% der verabreichten Arbutin-Dosis (2,52 mg) wurde als freies HQ im Harn ausgeschieden. Bei 6 von 12 Probanden war kein freies HQ nachweisbar (Nachweisgrenze 0,3 ug/ml). 70% der verabreichten Arbutin-Dosis (294 mg) wurden als HQ-Konjugate (HQ-Glukuronid, HQ-Sulfat) 12–36 Stunden nach der Arbutingabe ausgeschieden.

Auch Quintus et al. ([4]), Schindler et al. ([3]) und Paper et al. ([2]) untersuchten die Ausscheidung von Arbutinmetaboliten in Probandenstudien. Alle Autoren stimmen darin überein, dass mehr als 50% der verabreichten Arbutindosis innerhalb von 4 Stunden und mehr als 75% des Gesamtar-butins innerhalb von 24 Stunden in Form von HQ-Konjugaten ausgeschieden wurden. Freies HQ war im menschlichen Harn entweder nicht nachweisbar oder es wurden nur geringe Mengen als freies HQ via Urin ausgeschieden (≤ 0,6% der applizierten Arbutindosis).

Wirkmechanismus

Uropathogene Bakterien, wie E. coli, haben die Fähigkeit, die im Harn ausgeschiedenen HQ-Konjugate in hohem Maße aufzunehmen und abzubauen ([5], [15]). Urinproben gesunder Probanden, die eine Tagesdosis von 6 Cystinol akut® Dragees eingenommen hatten, wurden mit E. coli inkubiert. Nach Zentrifugation der Proben und Separation des Überstands war im Bakteriensediment im Vergleich zum Überstand eine 20-mal höhere Menge an freiem HQ feststellbar. Folglich werden die im Harn gefundenen HQ-Konjugate durch uropathogene Bakterien aufgenommen und innerhalb der Bakterien in freies HQ gespalten. Intrazellulär gebildetes HQ ist somit für die antibakterielle Wirkung dieses pflanzlichen Arzneimittels verantwortlich.

Fazit

Nach den Ergebnissen, die in dieser Übersicht zusammengefasst wurden, wird intaktes Arbutin schnell über die Darmschleimhaut absorbiert und gelangt in die Leber. Dort unterliegt Arbutin einer enzymatischen Spaltung, welcher umgehend eine Konjugation folgt. Hierbei werden wasserlösliche HQ-Konjugate gebildet, die über den Urin ausgeschieden werden können. HQ-Glukuronid und -Sulfat sind die einzigen im Harn gefundenen HQ-Konjugate. Im unteren Harntrakt werden diese von uropathogenen Bakterien aufgenommen und intrabakteriell in freies HQ gespalten. Dieses intrazellulär gebildete freie HQ ist somit maßgeblich für die Entfaltung der antibakteriellen Wirkung pflanzlicher Arzneimittel aus Bärentraubenblättern verantwortlich.

Literatur

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  • r15 Siegers C, Bodinet C, Ali SS, Siegers CP.. Bacterial deconjugation of arbutin by Escherichia coli. .  Phytomedicine. 2003;  10 (S 4) 58-060
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  • r17 Kommission E.. Monographie: Uvae ursi folium (Bärentraubenblätter). BAnz Nr. 109 vom 15.06.1994
  • r18 WHO. Monograph: Folium Uva ursi. WHO Monographs on Selected Medicinal Plants. Vol. 2. Geneva; World Health Organization 2002: 342-351
  • r19 ESCOP Monograph: Uvae ursi folium (Bearberry Leaf). Exeter; ESCOP Stuttgart, New York:; Thieme 2003: 536-538

Note

1 This article was changed according to the following erratum on [28 February 2011]: [We sincerely apologize for spelling mistake in these authors name S. Garcia de Arriba and V. Goclik in article “Änderungen des Urin-pH-Werts haben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit von Uvae ursi folium”].

Dr. Susana Garcia de Arriba

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Online

http://dx.doi.org/10.1055/s-0030-1247652