Dtsch Med Wochenschr 2010; 135(6): 262
DOI: 10.1055/s-0029-1244845
Korrespondenz | Correspondence
Erwiderung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

68-jähriger Patient mit Synkope beim Treppensteigen

68-year-old patient with exercise-induced syncopeH. Baccouche, T. Beck, M. Beyer
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
02. Februar 2010 (online)

Wir danken Herrn Dr. Er und Herrn Professor Erdmann für ihre Kommentare.

Zu den „Stiefkindern” der Kardiologie gehört die Ableitung aVR. Sie betrachtet die rechte obere Seite des Herzens mit dem rechtsventrikulären Ausflusstrakt und dem basalen interventrikulären Septum. Viele Kliniker vernachlässigen aVR, weil in ihr oftmals lediglich eine reziproke Information zu den linkslateralen Ableitungen gesehen wird, wie auch Anton P. M. Gorgels in seinem Editorial in JACC schreibt [4].

Ob es sich bei den ST-Hebungen in Ableitung aVR um den entscheidenden Befund handelt, ist unserer Ansicht nach fraglich, da der Verdacht auf eine Stammstenose schon in Zusammenschau von Blutdruckabfall und ST-Streckensenkungen in den übrigen Ableitungen geäußert werden kann. Welche Bedeutung den ST-Hebungen in aVR in diesem Kontext zukommt, ist nicht gesichert.

Weder sind die Mechanismen, die zu einer ST-Hebung in aVR führen, ausreichend geklärt [2] [5] [7], noch gibt es eine überzeugende Datenlage für die Wertigkeit der Ableitung aVR im Ruhe-EKG und in der Ergometrie.

Bei Patienten mit instabiler Angina pectoris und Myokardinfarkt können ST-Hebungen in aVR im Ruhe-EKG Hinweise auf eine Stammbeteiligung geben [3] [7].

Zweifelsohne sind natürlich ST-Hebungen während einer Ergometrie von besonderer Bedeutung, weil sie im Gegensatz zu Senkungen, Rückschlüsse auf das betroffene Koronarversorgungsgebiet zulassen [1], ob dies allerdings auch für aVR gilt, ist unklar. Hierzu gibt es kaum Daten.

Tuna und Kollegen fanden bei der retrospektiven Analyse von 104 Patienten für ST-Hebungen in aVR während der Ergometrie eine hohe Sensitivität (93 %) für den Nachweis einer Stammstenose, jedoch bei niedriger Spezifität (49 %) und niedrigem positivem prädiktivem Wert (40 %) [6].

Auch wenn belastungsinduzierte ST-Hebungen in aVR möglicherweise „nur” das Spiegelbild einer globalen Ischämie darstellen, verdienen sie Beachtung. Sie sollten unserer Ansicht nach aber nur im Kontext mit den anderen Endstrecken, der Blutdruckanalyse und der Klinik des Patienten interpretiert werden.

Nach dem Ergebnis der Ergometrie wurde unser Patient in eine Hochrisikogruppe stratifiziert, weshalb eine invasive Koronardiagnostik bereits wenige Stunden später erfolgte.

Nach der koronarangiographischen Diagnose wurde der Patient noch am selben Tag in ein herzchirurgisches Zentrum zur operativen Revaskularisation verlegt.

Literatur

  • 1 Chaitman B R. Exercise Stress Testing. Braunwald’s Heart Disease. 8 ed. Saunders Elsevier; 2008: 195-226
  • 2 Gaitonde R S, Sharma N, li-Hasan S, Miller J M, Jayachandran J V, Kalaria V G. Prediction of significant left main coronary artery stenosis by the 12-lead electrocardiogram in patients with rest angina pectoris and the withholding of clopidogrel therapy.  Am J Cardiol. 2003;  92 846-848
  • 3 Gorgels A P, Vos M A, Mulleneers R, ZC, Bar F W, Wellens H J. Value of the electrocardiogram in diagnosing the number of severely narrowed coronary arteries in rest angina pectoris.  Am J Cardiol. 1993;  72 999-1003
  • 4 Gorgels A P, Engelen D J, Wellens H J. Lead aVR, a mostly ignored but very valuable lead in clinical electrocardiography.  J Am Coll Cardiol. 2001;  38 1355-1356
  • 5 Nikus K C, Sclarovsky S. ST elevation in lead aVR as a sign of left main disease – perpetuating an error?.  Am J Cardiol. 2004;  94 542-543
  • 6 Tuna K M, Tolga K H, Tekin A. et al . Exercise-induced ST-segment elevation in leads aVR and V1 for the prediction of left main disease.  Int J Cardiol. 2008;  128 240-243
  • 7 Yamaji H, Iwasaki K, Kusachi S. et al . Prediction of acute left main coronary artery obstruction by 12-lead electrocardiography. ST segment elevation in lead aVR with less ST segment elevation in lead V(1).  J Am Coll Cardiol. 2001;  38 1348-1354

Dr. med. Hannibal Baccouche
Dr. med. Torsten Beck
Dr. med. Martin Maunz
PD Dr. med. Martin Beyer

Medizinische Klinik II, Kreiskliniken Esslingen, Klinikum Kirchheim unter Teck

Telefon: 07021/88 3680

eMail: h.baccouche@gmx.de