Gesundheitswesen 2010; 72(11): e51-e59
DOI: 10.1055/s-0029-1242767
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Responsiveness” in der psychiatrischen ambulanten Versorgung und in der Heimversorgung

“Responisveness” in Psychiatric Outpatient Care and in Hostel ManagementA. Bramesfeld1 , S. Bisson1 , F. Wedegärtner2 , S. Bartusch2 , J. Blanchard1
  • 1Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Medizinischen Hochschule Hannover
  • 2Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover
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Publication Date:
04 January 2010 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund: Das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelte Konzept der Responsiveness zur Bewertung der qualitativen Leistungsfähigkeit von Gesundheitssystemen repräsentiert, in wie weit ein Versorgungssystem die legitimen Erwartungen seiner Nutzer in Bezug auf nicht-medizinbezogene Versorgungsaspekte erfüllt. Es besteht aus den Kategorien „Patientenorientierung” und „Respekt vor der Person”, die durch neun (8+1) Domänen operationalisiert werden. Ziel der Untersuchung ist es, das Responsiveness Konzept als Möglichkeit zur Bewertung der qualitativen Leistungsfähigkeit psychiatrischer Versorgung zu erproben.

Methodik: Befragung von Nutzern komplexer psychiatrischer Versorgung über ihre Erfahrungen mit ambulanter und Heim-Versorgung mittels eines von der WHO entwickelten standardisierten Instruments.

Ergebnisse: Die Responsiveness der ambulanten Versorgung wird insgesamt seltener als schlecht bewertet als die Responsiveness der Heimversorgung (15 vs. 20%). Ein Zusammenhang zwischen soziodemografischen Parametern und der Bewertung der Responsiveness fand sich nur bei der Heimversorgung, und zwar lediglich dann, wenn der rechtliche Betreuungsstatus der Nutzer berücksichtigt wurde. In der ambulanten Versorgung wurden die Domänen Aufmerksamkeit und Partizipation von den Nutzern als die wichtigsten bewertet; Hier wurden aber auch am häufigsten schlechte Erfahrungen berichtet. In der Heimversorgung wurden die Domänen Aufmerksamkeit und respektvoller Umgang als die wichtigsten bewertet; hier wurden gute Erfahrungen berichtet.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Ergebnisse stimmen mit der Literatur überein und geben die Realität in der psychiatrischen Versorgung adäquat wieder. Das Responsiveness Konzept bietet einen systematischen Zugang, um die Kategorien „Patientenorientierung” und „Respekt vor der Person” als Qualitätskriterien in der Versorgung zu berücksichtigen. Eine Evaluation von Versorgung mittels des Responsiveness Konzeptes erbringt Hinweise, an welchen Punkten Reformen ansetzen sollten.

Abstract

Objective: Responsiveness is a concept developed by the World Health Organisation (WHO) to evaluate health system performance. It measures how well a health system meets its users’ legitimate expectations in non-medical related service aspects. Responsiveness consists of the categories “patient orientation” and “respect for persons”. It is operationalised by nine (8+1) domains. This project aims to explore the responsiveness concept as a possibility to evaluate the performance of mental health care.

Method: Face to face interviews with users of outpatient and hostel mental health services by means of a standardised instrument, developed by WHO were carried out.

Results: Overall responsiveness in outpatient care was rated by a lower proportion of users negative than responsiveness in hostel care (15 vs. 20%). Socio-demographic characteristics were related only to responsiveness ratings in hostel care when legal guardianship was considered. Domains indicated as most important (attention, participation) in out-patient care did not perform well there. In hostel care the domains attention and respect were rated as most important. These domains performed well.

Discussion and Conclusions: The results are in line with the literature and adequately reflect the realities in mental health care. The responsiveness concept offers a systematic approach for considering the categories “patient orientation” and “respect for persons” as quality criteria in mental health care. Evaluating mental health service provision using the concept of responsiveness, indicates where to launch reforms in health care.